Vorwort

Jahrgang XI, Ausgabe 1, 2017, doi:10.33178/scenario.11.1.0
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Liebe SCENARIO Leserinnen und Leser,

Diese Ausgabe (2017-1) ist die erste von zwei Ausgaben, die sich explizit auf die Internationale SCENARIO Forum-Konferenz 2017 beziehen, die vom 25. bis 28.Mai 2017 an der Universität Cork stattfand und das zehnjährige Bestehen von SCENARIO markierte.

Sie umfasst sieben Forschungsartikel, drei Konferenzberichte und einen Beitrag zu unserer Rubrik “Texte ums Theater”.

Wir beginnen mit einem Bericht zur SCENARIO Forum-Konferenz 2017 sowie einem Kurzfilm, der einen lebendigen Eindruck von den vier anregenden Konferenztage vermittelt. Lane Sorensens Bericht erinnert all jene, die an der Konferenz teilgenommen haben, nochmals an die eindrucksvolle Bandbreite von Konferenzbeirägen: Gespräche, Workshops, Podiumsdiskussionen und Performances. Für diejenigen, die nicht teilnehmen konnten, präsentiert Sorensen in anschaulicher Weise, welche Themen und Fragestellungen auf der Konferenz zentral waren. Sein Bericht wird durch den von Patricia & Maciek Klich bearbeiteten, offiziellen Konferenzfilm ergänzt.

Die Artikel dieser Ausgabe beschäftigen sich mit einer großen Bandbreite an Themen:

Kathleen McGovern bietet einen umfassenden Literaturüberblick zum Thema performatives Sprachlehren, indem sie sich auf verschiedene Formen drama- bzw. theaterpädagogischer Fremdsprachenvermittlung bezieht und dabei sowohl performative Klein- als auch auf Großformen berücksichtigt. Angesichts der enormen Vielfalt an Begrifflichkeiten empfiehlt sie, dass Praktiker und Forscher mehr als bisher offen legen, was genau sie unter dem Begriff 'Drama' verstehen, da es – je nach Kontext – viele verschiedene Bedeutungsnuancen/-abstufungen gibt. Sie schlägt „performatives Sprachlernen“ als Oberbegriff vor und fordert Pädagogen dazu auf, zu begründen, inwiefern sie ‚drama’ als pädagogisches Werkzeug einsetzen bzw. als Mittel, um individuelle und gesellschaftliche Veränderung zu bewirken.

Mona Eikel-Pohen liefert eine hilfreiche praktische Anleitung dafür, wie man Schülerinnen und Schüler auf einen mündlichen Vortrag vorbereiten kann, damit sie ihre mit einem Vortrag vor Publikum verbundenen Ängste überwinden und im Laufe des Unterrichts Präsenz und Selbstvertrauen entwickeln können.. Dabei bezieht sie sich auf Konzepte von Stanislawski und Johnstone und veranschaulicht, auch anhand von lustigen Lego-Figuren, wie sich ihre Überlegungen im Unterricht praktisch umsetzen lassen. Sie verweist auf nützliche TED Talks und gibt eine Vielfalt an praktischen Tipps, die sowohl Lehrerinnen und Lehrern als auch Schülerinnen und Schülern dabei helfen werden, öffentliche Präsentationen vorzubereiten.

Lee Campbells provokativer Beitrag richtet den Fokus auf Formen der Unterbrechung in pädagogischen und performativen Kontexten. Er diskutiert die positiven Effekte von Unterbrechung als einer performativen Technik, mit der die Beteiligung am Unterricht provoziert werden kann. Er liefert einen soliden theoretischen Rahmen und bezieht diesen auf konkrete Beispiele aus seiner fotografisch dokumentierten Unterrichtspraxis. Inspiriert durch mehrere Projekte, an denen er als Künstler/Provokateur beteiligt war und denen die Grundidee von Unterbrechung zugrunde lag, stellt er einen dreistufigen Lehrprozesses (Antizipation, Aktion, Analyse) vor und erläutert, wie dieser auf den Englisch als Fremdsprache-Unterricht bezogen werden kann.

Lane Sorensen beleuchtet Performance im Kontext von öffentlichen Vorträgen. Komplexe theoretische Überlegungen zu Empathie und Perspektivenübernahme werden auf die dramapädagogische Praxis bezogen. Dabei wird deutlich, dass die Übernahme einer anderen Perspektive keinesfalls einfach ist; im Gegenteil, es kann eine große Herausforderung sein, sich in die Position von jemand anderem zu versetzen, speziell in die Position von jeamnd, der eine komplett andere Sicht vertritt. Sorensen zeigt, wie im dramapädagogischen Unterricht, im Schutzraum der Fiktion, eine produktive Auseinandersetzung mit solch kontroversen Positionen stattfinden kann.

In “Virtual Frontiers” argumentiert Catherine van Halsema überzeugend, dass – entgegen der Ansicht, Technologie sei der Feind des Fremdsprachenlernens – Online-Lernmodelle erfolgreich eingesetzt werden können, um bestimmten Lernerbedürfnissen gerecht zu werden und sozio-ökonomische Barrieren zu überwinden. Ihr Beitrag versteht sich als Plädoyer, in einem performativ gestalteten Fremdsprachenunterricht als sinnvolle Ergänzung auch das Potenzial digitaler Medien zu nutzen.

Das Autorenteam Isobel Ní Riain, Ciarán Dawson und Marian McCarthy thematisiert den Einsatz von Rollenspielen im Kontext von Vorlesungen zur irischen Literatur. Die Autoren beziehen sich dabei auf zwei sehr verschiedene Reaktionen hinsichtlich dieses Ansatzes: eine Gruppe von von Studierenden wurde gleich proaktiv und beteiligte sich enthusiastisch an den Rollenspielen. Anhand von ‚Classroom Assessment Tests (CATs)’ wurde deutlich, dass diese Gruppe von Studierenden das Spielen von Rollen weder mit dem Konzept Vorlesung noch mit Arbeit assoziierten. Allerdings lieferten ihnen die Rollenspiele diskursive Mittel, durch welche sie die mit literarischen Text verbundenen Handlungen und Themen besser verstehen und gleichzeitig ihre zwischenmenschlichen Fähigkeiten verbessern konnten. Die zweite Gruppe hingegen hatte Vorbehalte gegenüber dem Einsatz von Rollenspielen, so dass die Dozenten sich für diese Gruppe ein alternatives Vorgehen überlegen mussten. Diese Erfahrung führte auf Seiten der Lehrenden zu einem tieferen Verstehen von unterschiedlichen Lernerbedürfnissen und auch der Verantwortung, die eine Lehrperson in solchen Situationen zu übernehmen hat.

Auf zwei weitere Konferenzen wird in dieser Ausgabe aufmerksam gemacht.

Tom Klimant berichtet vom Bayreuther Germanistentag 2016 und konzentriert sich dabei auf eine Arbeitsgruppe, in der erkundet wurde, wie alltägliche Formen der Erzählkunst zu Anfangs- und Bezugspunkten für eine performative Literaturvermittlung werden können.

Die Organisatorinnen Eva Göksel und Stefanie Giebert sprechen über die Highlights der “Dramapädagogiktage 2017”, die am 20. Juni und 1. Juli an der Universität Konstanz (Deutschland) stattfanden. Der Schwerpunkt lag auf der Präsentation von überzeugenden Praxismodellen und innovativen Forschungsprojekten. Die Konferenz richtete sich an Lehrerinnen und Lehrer an Primar-, Sekundar- und Hochschulen, Forschende und professionell Theaterschaffende. Informationen zu den “Dramapädagogiktagen 2018” finden sich auf: http://dramapaedagogik.de/

Zum Abschluss dieser Ausgabe macht Uschi Linehan in der Rubrik “Texte ums Theater” auf einen interessanten Auszug aus Hermann Hesses “Steppenwolf” aufmerksam (in deutscher und auch englischer Fassung). Sie hat aus Hesses literarischem Meisterstück eine symbolreiche und ästhetisch eindrucksvolle Passage ausgewählt, die für uns eine Lesegenuss war – für Sie hoffentlich ebenso.

Mit unseren besten Wünschen für das neue Studienjahr 2017/18,

Ihr Herausgabeteam

Erika Piazzoli (Dublin, Ireland) & Eucharia Donnery (Fujisawa, Japan)

September 2017

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