Der Effekt der Dramagrammatik im Anfängerunterricht: Eine Pilotstudie für Tschechisch als Fremdsprache1

Aneta Bučková

Jahrgang XIII, Ausgabe 1, 2019, doi:10.33178/scenario.13.1.4
© 2019, The Author(s). This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License.

Zusammenfassung

Der Artikel widmet sich der Anwendung von Dramapädagogik im Fremdsprachenunterricht. Im Fokus steht der Grammatikunterricht in Tschechisch als Fremdsprache. Der Text stellt eine Pilotstudie vor, die sich auf den Unterricht des Präteritums in einem Kurs für Universitätsstudierende in Deutschland konzentriert. Im Rahmen dieser Studie wurde die Dramagrammatik in einer modifizierten Form angewendet. Dieser Ansatz kombiniert bewusstes Auseinandersetzen mit Grammatik und das Handeln in Kommunikationssituationen mittels dramatischer Kunstformen. Es wird angenommen, dass die anhand der Dramagrammatik unterrichteten Studienteilnehmenden bessere Ergebnisse im Bereich der Grammatik erzielen. Weiterhin wird erwartet, dass die Anwendung von Dramagrammatik die Motivation fördert, am Unterricht aktiv teilzunehmen und sich mit der tschechischen Sprache auseinanderzusetzen.

Contents

  1. Einleitung
  2. Grammatikunterricht mittels Dramapädagogik
  3. Hypothesen
  4. Die Teilnehmenden
  5. Die Unterrichtseinheit: Versuchsgruppe
  6. Die Unterrichtseinheit: Kontrollgruppe
  7. Das Messungsverfahren
  8. Ergebnisse
  9. Diskussion
  10. Fazit

1. Einleitung

Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit der Anwendung von Dramapädagogik im Fremdsprachenunterricht in Tschechisch als Fremdsprache. Er beschreibt den Einsatz von Dramagrammatik im Anfängerunterricht für Universitätsstudierende (Even 2003). Der Effekt dieses Ansatzes wird in einer Pilotstudie empirisch getestet. Diese entstand im Rahmen einer Diplomarbeit in dem Studiengang Tschechisch als Fremdsprache an der Karls-Universität in Prag.

Im Rahmen der Pilotstudie wurde die Dramagrammatik, die ursprünglich im Unterricht von Deutsch als Fremdsprache für fortgeschrittene Lernende (Even 2003) vorgestellt wurde, modifiziert. Im vorliegenden Fall war die Zielsprache eine slavische Sprache, die stark flektierend ist und sich insgesamt durch eine verhältnismäßig komplexe Morphologie auszeichnet. Überdies wurde das Tschechische in zwei Gruppen unterrichtet, die mit dieser Sprachgruppe bis dahin nur minimale Erfahrungen gehabt hatten. Bei den Teilnehmenden handelte es sich um Anfängerinnen und Anfänger. Wegen der geringen Anzahl der Teilnehmenden bei dieser kurzen Studie konnten die untersuchten Hypothesen nicht eindeutig bestätigt oder widerleget werden, sie ließen jedoch eine Tendenz erkennen.

Der Artikel beginnt mit einer kurzen theoretischen Übersicht über den Grammatikunterricht mittels dramapädagogischer Ansätze. Danach wird die Pilotstudie vorgestellt – zuerst die ihr zugrundeliegenden Hypothesen, dann die Teilnehmenden. Der Schwerpunkt liegt in der Beschreibung der Unterrichtseinheit der Versuchsgruppe, in der mit Dramagrammatik gearbeitet wurde. Es folgen eine Beschreibung des Unterrichtsablaufs der Kontrollgruppe, das Messungsverfahren, die Ergebnisse und die Diskussion. Den Text schließt ein Fazit ab.

2. Grammatikunterricht mittels Dramapädagogik

Dramapädagogik kann im Fremdsprachenunterricht auf unterschiedlich komplexe Art und Weise eingesetzt werden. Zum einen kann sie in einzelnen Spielen und Übungen in einem ansonsten nicht dramapädagogisch konzipierten Unterricht verwendet werden (als Quellen solcher Aktivitäten seien beispielsweise Maley & Duff 2005 und Billíková & Kiššová 2013 genannt). Das Prinzip des Spieles, eines imaginären, fiktiven Kontextes (vgl. Machková 2007: 33) kann die Lernenden jedoch auch langfristig begleiten und beispielsweise in einer Inszenierung in der Fremdsprache münden – zum Beispiel widmet sich Marie Boccou Kestřánková (2012, 2017 und andere) auf dem Gebiet Tschechisch als Fremdsprache der sogenannten Methode der Bühnenaufführungsform (Metoda jevištního tvaru).

Auch die diesem Artikel zugrundeliegende Pilotstudie basiert auf einer Unterrichtseinheit, die sich nicht auf einzelne Spiele oder Übungen stützt, sondern den dramapädagogischen Fremdsprachenunterricht (vgl. Schewe 2003) als ihr Fundament versteht. Als kennzeichnend für diesen Ansatz nennt Schewe (ibid. 6 f.), dass er integrativ (d. h. er orientiert sich an handlungsorientierten, erfahrungsbezogenen und interaktiven Sprachlehransätzen und kombiniert sie) und ganzheitlich ist. Mit Ganzheitlichkeit wird die Einbeziehung „des ganzen Menschen in den Lernprozess“ (Even 2003: 38) gemeint, das heißt nicht nur der Kognition, sondern auch der Emotionen, Stimme, Bewegung, sinnlicher Wahrnehmung und so weiter. Dieses Konzept wurde in der in diesem Text behandelten Pilotstudie zur Grammatikvermittlung verwendet.

Schewe (2003: 181 ff.) nutzt einen Lehrbuchtext zu einer Inszenierung von Standbildern, die sich zum Teil auf deutsche Grammatik konzentriert. Die Aufgabe der Beteiligten ist es, aus ihrer Phantasie heraus eine Maschine zu erfinden und sie in kleinen Gruppen durch Körperhaltung und Bewegung darzustellen. Weil der Ausgangstext zu dieser Übung ein humorvoller Artikel über eine Käsebrotmaschine ist, sind auch die im Unterricht entstandenen Maschinen hyperbolisch (zum Beispiel ein Trichter zum Einprägen vom „lästigen“ Lernstoff). In der Präsentation der Geräte setzen die Lernenden nicht nur Bewegung, sondern auch Sprache ein. Der verbale Kommentar kann nach den Bedürfnissen der Lernendengruppe inszeniert werden: beispielsweise passivisch oder imperativisch. Laut Schewe (ibid. 184) kann die Entfaltung von Kreativität in solchen Übungen die ansonsten kognitiv orientierten Grammatikübungen kompensieren.

Schewes Beispiel zeigt den Weg, wie man Dramapädagogik im Einüben der Grammatik anwenden kann. In der Dramagrammatik, die von Susanne Even (2003) im Bereich Deutsch als Fremdsprache entwickelt wurde, wird dieser Weg zu einem kompakten Lehr- und Lernverfahren systematisiert.

Dramagrammatik verbindet expliziten Grammatikunterricht mit den Techniken aus den dramatischen Kunstformen (vgl. Even 2011: 70). Der Sprachunterricht wird in sechs Phasen aufgeteilt (vgl. Even 2003: 174 f.): Sensibilisierungsphase, Kontextualisierungsphase, Einordnungsphase, Intensivierungsphase, Präsentation und Reflexion. Diese Phasen werden weiter unten im Zusammenhang mit der vorgestellten Pilotstudie beschrieben.

Even (ibid. 294) fasst die Schlüsselmomente des dramagrammatischen Ansatzes zusammen: Das Verständnis grammatischer Regeln wird durch ihre praktische Applikation in unterschiedlichen Kommunikationssituationen gefördert. Gleichzeitig stärkt der dramagrammatische Unterricht die Bereitschaft, sich mit Grammatik zu beschäftigen, und trägt zu einer positiven Einstellung zum Grammatikerwerb bei.

3. Hypothesen

Das Ziel der Pilotstudie war es, den Effekt der Anwendung von Dramapädagogik im Unterricht von Tschechisch als Fremdsprache festzustellen. Wie oben erwähnt, ermöglicht die Dramapädagogik, die ganze Persönlichkeit der Lernenden im Lernprozess einzubeziehen. Deswegen kann man erwarten, dass die Studierenden sich bei diesem Ansatz intensiver am Unterricht beteiligen werden, als es beim Unterricht ohne die Verwendung von Dramapädagogik der Fall ist. Eine Konsequenz der aktiven Teilnahme könnten bessere Lernergebnisse sein. Nicht zuletzt könnte die Anwendung von Dramapädagogik in einer Erhöhung der Motivation der Lernenden münden (vgl. Fleming 2016: 42).

Die Verbesserung der Lernergebnisse wurde mit einem Fortschritt in dem Erwerb einer konkreten grammatischen Struktur gleichgesetzt und anhand von Grammatiktests gemessen. Die getestete grammatische Struktur war das Präteritum.

Vor der Unterrichtseinheit im Rahmen der Pilotstudie füllten die Teilnehmenden einen Pretest aus, um zu überprüfen, dass das Präteritum ihnen noch nicht geläufig ist. Nach der Unterrichtseinheit absolvierten sie einen analog erstellten Posttest. Die Verbesserung der Lernergebnisse konnte daher anhand des Unterschiedes zwischen dem Pretest und dem Posttest gemessen werden.

Die Versuchsgruppe absolvierte eine Unterrichtseinheit mit Einbezug von Dramapädagogik, während die Kontrollgruppe an einer Unterrichtseinheit teilnahm, die auf der Arbeit mit dem Lehrbuch mit Anwendung der Prinzipien des kommunikativen Ansatzes basiert war.

Die These, dass die Anwendung von Dramapädagogik im Fremdsprachenunterricht die Motivation erhöht, wurde anhand des Feedbacks der Teilnehmenden aus der Versuchsgruppe getestet. Das Feedback wurde einerseits in der abschließenden Reflexion der Unterrichtseinheit, andererseits durch kurze schriftliche Kommentare, die nach dem Unterricht verfasst wurden, erhoben.

Die Pilotstudie überprüfte zwei Hypothesen:

4. Die Teilnehmenden

Die Pilotstudie wurde in einem Anfängerkurs am Institut für Slavistik an der Universität Regensburg durchgeführt. Sie fand am Semesterende statt, als das Sprachniveau der Studentinnen und Studenten ungefähr auf A1 nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen einzustufen war. Die Studierenden wurden über die Pilotstudie im Voraus informiert und konnten sich aussuchen, ob sie in der Kontrollgruppe zur gewöhnlichen Unterrichtszeit oder in der Versuchsgruppe am Samstag danach teilnehmen wollten.

Das Sprachniveau der Teilnehmenden stellte einen entscheidenden Unterschied dazu dar, wie Dramagrammatik von Susanne Even (2003) vorgestellt wurde. Im Gegensatz zu den von Even präsentierten Unterrichtseinheiten für fortgeschrittene Lernende musste man davon ausgehen, dass die im Unterricht präsentierte grammatische Struktur den Studierenden nicht vermittelt wurde und dass sie deshalb kein Vorwissen mitbringen können. Diese Tatsache wirkte sich in dem Verlauf einzelner Unterrichtsphasen aus (siehe unten).

An der Pilotstudie nahmen als Versuchspersonen acht Studierende teil. Außerdem waren in der Versuchsgruppe drei Studierende anwesend, die aus verschiedenen Gründen aus der Testung ausgeschlossen wurden, wodurch die sprachliche Homogenität gewährt blieb.2 Der besondere Status dieser drei Teilnehmenden wurde auch während bestimmter Unterrichtsphasen berücksichtigt (siehe unten).

Das Durchschnittsalter der Pilotstudienteilnehmerinnen und –teilnehmer war 29 Jahre. Zur Hälfte waren sie Philologiestudierende, die anderen kamen aus nicht linguistisch orientierten Fächern, wie Jura. Das heißt, man konnte bei der Gruppe generell keine durch das Sprachwissenschaftsstudium erworbenen Fertigkeiten voraussetzen, die es eventuell erleichtert hätten, neue grammatische Strukturen zu erlernen. Bis auf einen Studenten, der als seine Muttersprache Französisch angab, waren die Teilnehmenden Deutschmuttersprachlerinnen und -muttersprachler. Unter den von der Gruppe beherrschten Fremdsprachen dominierte Englisch und es kam keine slavische Sprache vor. Die Kenntnis anderer slavischer Sprachen hätte das Erlernen tschechischer Grammatik eventuell begünstigen können, da diese Sprachgruppe im Bereich der Morphologie oft strukturelle Ähnlichkeiten aufweist.

5. Die Unterrichtseinheit: Versuchsgruppe

Die Grammatik wurde in der neunzigminütigen Unterrichtsstunde anhand des Themas Freizeit (was machten wir am Wochenende) vermittelt. Sprachdidaktisch gesehen hatte die Stunde das Ziel, die Regeln der Bildung des Präteritums vorzustellen.3 Die Studierenden sollten am Ende in der Lage sein, diese Tempusform für eine einfache Handlungsbeschreibung zu verwenden. Die in dieser Studie der Dramapädagogik zuzuordnenden Ziele lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Erstens ging es darum, sich durch die kreative Zusammenarbeit besser kennen zu lernen und eine aufeinander eingestimmte Gruppe zu bilden, damit ein gemeinsamer Spiel- und Erlebnisraum geschaffen werden konnte (vgl. Tselikas 1999: 61). Zweitens sollten die Teilnehmenden ein Rollenspiel und eine nach außen verständliche Darstellung einer einfachen Geschichte mittels eines Standbilds mit Untertitel aktiv erproben.

Weil das Tschechisch-Niveau der Studierenden relativ niedrig war, wurde als Vermittlungssprache neben Tschechisch auch Deutsch gewählt. Die Lektorin sprach die Teilnehmenden primär auf Tschechisch an, aber bei koordinativ anspruchsvollen Aktivitäten und bei der Zusammenfassung der neuen Grammatik ist sie zu Deutsch übergegangen.

Es war davon auszugehen, dass die Teilnehmenden wenige bis keine Erfahrungen mit Dramapädagogik haben. Aus diesem Grund begann die Unterrichtseinheit mir einer kurzen Einführung, in der einige Regeln der kreativen Arbeit genannt wurden (zum Beispiel: Es gibt kein „richtig“ und „falsch“.). Außerdem äußerten an dieser Stelle die Studierenden ihre Erwartungen: etwas Neues erleben, Spaß haben. Von Beginn an war daher eine positive Stimmung zu spüren.

Die Unterrichtseinheit begann mit zwei Aufwärmungsübungen. Das Ziel der ersten Aktivität (jede/r sagt seinen/ihren Namen und verbindet ihn mit einer Geste, die anderen machen es zusammen nach) war es, die Hemmungen vor der Nutzung von Gesten und anderen Ausdrucksmitteln zu verlieren; in neu gebildeten Gruppen dient diese Übung auch dazu, sich die Namen der anderen zu merken. In der zweiten Übung (Gang durch den Raum im wechselnden Tempo, gegenseitiges Begrüßen und Vorstellen auf Tschechisch) standen die Konzentration und die Wahrnehmung von sich selbst und von anderen im Raum im Vordergrund. Gleichzeitig wurden die Studierenden erstmals dem Input in der Zielsprache ausgesetzt, auf den sie mit Bewegung reagieren mussten. Der kurze Vorstellungsdialog stellte den Übergang von Perzeption zur sprachlichen Produktion in der Zielsprache dar.

  1. Das tschechische Präteritum ist eine Tempusform, die in ihrer Form (aber nicht in der Bedeutung) dem Perfekt entspricht (vgl. Štícha et al. 2013: 439) Sie setzt sich aus einem Vergangenheitspartizip und dem Hilfsverb být ‚sein‘ zusammen. Das Hilfsverb kommt nur in erster und zweiter Person vor. Das Vergangenheitspartizip wird von dem Vergangenheitsstamm des Verbs (der unterschiedlich von dem Präsensstamm ist), dem Suffix –l und einer nominalen Endung gebildet, die in Genus und Numerus mit dem Subjekt kongruiert (Štícha et al. 2013: 453f). In der Didaktik von Tschechisch als Fremdsprache verbreitete sich ein weniger komplexer Ansatz, wie die Präteritumbildung zu erklären ist – vgl. zum Beispiel das Lehrbuch Tschechisch kommunikativ (Maidlová & Nekula 2005: 66 Laut diesem Lehrbuch bildet man das Partizip so, dass man vom Infinitiv das Suffix –t wegnimmt und durch –l ersetzt – zum Beispiel dělatdělal ‚machen – gemacht‘. Verben, bei denen ein solches Vorgehen zum richtigen Ergebnis führt, werden als regelmäßig bezeichnet. Verben, bei denen es nicht funktioniert, werden unregelmäßig genannt und müssen auswendig gelernt werden – zum Beispiel mít - měl ‚haben - gehabt‘. Die Endung des Partizips kongruiert im Genus und Numerus mit dem Subjekt – zum Beispiel dělal ‚er machte‘, dělala ‚sie machte‘, dělali ‚sie machten‘. Das Hilfsverb být ‚sein‘ ist unbetont und muss syntaktisch gesehen im Satz an zweiter Stelle stehen. Die Negation wird durch das Anhängen von dem Präfix ne- an das Partizip gebildet – zum Beispiel nedělal ‚nicht gemacht‘. [Back]

5.1. Sensibilisierungsphase I

Im nächsten Schritt wurde die neue grammatische Struktur eingeführt. Übertragen auf die Dramagrammatik handelte es sich demnach um die Sensibilisierungsphase (vgl. Even 2003: 174). Sie begann mit der pantomimischen Darstellung verschiedener Tätigkeiten (zum Beispiel psát dopis ‚einen Brief schreiben‘), die die Zuschauenden zunächst in Präsens benannten (zum Beispiel Helena píše dopis ‚Helena schreibt einen Brief‘). So wiederholten sie einerseits bereits bekannten Wortschatz, der als Basis für die kommenden Phasen diente. Andererseits bildeten sie die ersten Versionen der pantomimischen Darstellung, die sie im Verlauf der Stunde weiter ausbauen sollten.

Anschließend loste jede/r ein Blatt aus einem Terminkalender aus, in dem eine der zuvor dargestellten Tätigkeiten bei einem bereits abgelaufenen Datum eingetragen war. Immer zwei Teilnehmende auf einmal stellten ihre Aktivität pantomimisch dar. Die Lektorin fragte daraufhin die Zuschauenden, wer was gemacht hatte – zum Beispiel Psala Olga dopis? ‚Schrieb Olga den Brief?‘ Die Teilnehmenden wurden darin unterstützt, die Frage mit einem ganzen Satz zu beantworten – zum Beispiel Ano, Olga psala dopis. ‚Ja, Olga schrieb den Brief.‘ Die neue grammatische Struktur wurde daher zunächst von der Lektorin eingebracht und die Studierenden wiederholten, was sie gehört hatten. Dies unterscheidet die Anwendung des dramagrammatischen Ansatzes im Anfängerunterricht von seiner ursprünglichen Form, in der mit einem gewissen Ausmaß an Vorwissen bei den Teilnehmern gerechnet wird (vgl. Brod 2016: 125). Das Ziel der Sensibilisierungsphase bleibt jedoch gleich: die Aufmerksamkeit auf die neue grammatische Struktur zu lenken, die mit einer konkreten kommunikativen Intention verwendet wird (vgl. Even 2003: 174).

5.2. Einordnungsphase I

Nach dieser ersten Begegnung mit Präteritum in dritter Person Singular folgte die erste Einordnungsphase (vgl. ibid.). Die Aufgabe der Teilnehmenden war es, zu den Infinitiven der zuvor dargestellten Verben die Partizipien zusammen aufzuschreiben. Die Gruppe musste demnach selber die Initiative ergreifen, sich an die vor einigen Momenten verwendeten Verbformen erinnern und sie richtig einordnen, nach einer Regelmäßigkeit suchen. Diejenigen, die aus der Testung ausgeschlossen wurden (siehe oben), wurden gebeten, an dieser Aktivität zunächst nicht teilzunehmen. Sie durften erst dann eingreifen, wenn ihre Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Version fertig waren und nicht weiterwussten. Als letzte kommentierte die Lektorin die aufgeschriebenen Partizipien und fasste gleichzeitig die Regeln für das Bilden vom Vergangenheitspartizip zusammen. Danach füllten die Teilnehmenden selbstständig in einer Tabelle die Partizipien dreier Verben aus. Diese Tabelle diente der Bestätigung der neu gelernten Regel (dieser Schritt wird im kommunikativen Ansatz verwendet – siehe Valková 2014: 43). Die ausgefüllten Tabellen wurden darauffolgend von der Lektorin kontrolliert.

5.3. Kontextualisierungsphase

Als nächstes wurde ein kommunikativer Kontext geschaffen, in dem die neuen Verbformen verwendet werden sollten – in Anlehnung an die Dramagrammatik ging es um die Kontextualisierungsphase (vgl. Even 2003: 174). Die Teilnehmenden sollten jeweils einen Charakter aus einer studentischen Wohngemeinschaft erfinden. Diese Figuren wurden aufgrund der Voraussetzung ausgewählt, dass der Kontext einer studentischen WG den Beteiligten bekannt sein sollte. Jede/r bekam eine leere Visitenkarte, in die er/sie den Namen, das Alter, das Studienfach und ein Hobby der Figur ergänzen sollte. Diese Angaben und eine kleine Auswahl an Kleidung und Accessoires als Kostüm halfen den Teilnehmenden, sich bei der Schaffung eines fiktiven Charakters besser zu orientieren. Als sie damit fertig waren, suchten sie nach einer schauspielerischen Darstellung ihrer Figur, indem sie durch den Raum gingen und sich gegenseitig vorstellten (es handelte sich um eine Erweiterung der Aufwärmübung – siehe oben).

5.4. Sensibilisierungsphase II

In der zweiten Etappe der Sensibilisierungsphase wurden das Hilfsverb, die Wortstellung und die Negation im Präteritum fokussiert, und zwar anhand des gerade geschaffenen Kontextes. Es wurde mit einem kurzen Dialog gearbeitet, den die Bewohnerinnen und Bewohner der studentischen WG führten.4 Der vorgeschriebene Dialog enthielt alle Personen im Singular und Negation. Er spielte sich in einer emotional geladenen Situation ab, sodass es den Darstellenden möglich war, unterschiedliche Einstellungen zu beziehen. Die Studierenden wechselten sich allmählich in beiden Rollen ab. Der Rest der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die Lektorin „saßen in der WG“ und konnten auf den Dialog mittels Körperhaltung, Gestik und Mimik reagieren.

5.5. Einordnungsphase II

Analog zu der ersten Einordnungsphase sollten die Teilnehmenden anhand des Dialogs das Verb být ‚sein‘ in allen Personen im Präteritum konjugieren und die Regel für die Formung der Negation nennen. Auch diese Phase wurde mit dem selbstständigen Ausfüllen einer Tabelle beendet, wo auch eine Angabe zu der Wortstellung des Hilfsverbs gemacht werden musste.

5.6. Intensivierungsphase

Nachdem der Kommunikationskontext gegeben worden war und die Teilnehmenden über die Kenntnis der neuen grammatischen Struktur verfügten, konnten sie ihr Wissen mittels dramatischer Aktivitäten in der Intensivierungsphase weiter vertiefen (Even 2003: 175). Begonnen wurde mit Gruppenstandbildern der erschaffenen WG. Die Teilnehmenden bildeten Gruppenfotos, die ihre gemeinsamen Tätigkeiten und Erlebnisse darstellten. Diese wurden von der Lektorin in kurzen Sätzen im Präteritum vorgegeben – zum Beispiel Když se dívali na horor ‚Als sie einen Horrorfilm anschauten‘. So wurde erweitert auf die erste Übung mit Standbildern angeknüpft, die in der Sensibilisierungsphase I vorkam (siehe oben). Alle Gruppenstandbilder wurden zweimal dargestellt. Während der zweiten Runde ging die Lektorin herum und tippte einige Teilnehmende an – diese sollten dann die Gedanken oder Gefühle ihrer Figur in der jeweiligen Situation ausdrücken, sei es mit einfachen Sätzen oder bloßen Geräuschen.

Nach dieser Erprobung der Gruppenstandbilder wurden die Teilnehmenden in zwei Gruppen aufgeteilt, um selbstständig eine Reihe von Standbildern zu erschaffen. Es sollte um drei Standbilder zu dem Thema Co dělali o víkendu ‚Was machten sie am Wochenende‘ gehen, die jeweils mit einem Untertitel in Vergangenheit versehen werden sollten. Die Struktur der drei Untertitel war vorgegeben: Nejdříve … Pak … Nakonec ‚Zuerst … Danach … Zum Schluss …‘. Die Gruppen arbeiteten selbstständig, bei Bedarf konnten sie bei der Lektorin nach Wortschatz fragen.

5.7. Präsentation

Der Raum wurde in „Bühne“ und „Zuschauerraum“ aufgeteilt und die Gruppen präsentierten sich gegenseitig ihre Standbilder. Diese Phase korrespondierte daher mit der Präsentationsphase der Dramagrammatik (Even 2003: 175). Die Teilnehmenden zeigten ihre Standbilder und die Lektorin las die dazugehörigen Untertitel, die sie zuvor kontrolliert und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit deren Autorinnen und Autoren verbessert hatte. Nach der Präsentation jeder Gruppe fragte die Lektorin die Zuschauenden, ob sie alles verstanden hatten und was sie an der Darstellung gelungen fanden.

5.8. Reflexion

Die Unterrichtseinheit wurde – ähnlich wie in der Dramagrammatik (Even 2003: 175) – mit einer Reflexion abgeschlossen. Zuerst hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, Fragen bezüglich der neuen Grammatik zu stellen. Danach wurde der Verlauf der Unterrichtsstunde thematisiert.

Die Reflexion bestätigte den Eindruck, den die Gruppe von Anfang an vermittelt hatte – die Teilnehmenden waren offen für ungewohnte Tätigkeiten und durchaus motiviert, sich mit der tschechischen Sprache zu beschäftigen.

6. Die Unterrichtseinheit: Kontrollgruppe

Die Kontrollgruppe absolvierte eine neunzigminütige Unterrichtseinheit, die ohne den Einsatz von Dramapädagogik durchgeführt wurde. Das Ziel war das Erlernen der Regeln der Präteritumbildung und dessen Durchexerzieren mittels Modifikationsübungen und interaktiven Aufgaben. Das Thema der Unterrichtseinheit waren im Einklang mit dem verwendeten Lehrbuch Tschechisch kommunikativ (Maidlová & Nekula 2005) die Hobbys. Wie in der Versuchsgruppe wurde auch in dieser Unterrichtsstunde teilweise Deutsch als Vermittlungssprache verwendet, vor allem wenn es um die Anleitung zu komplexeren Übungen oder um die Erklärung der grammatischen Regeln ging.

Als Aufwärmung bildeten die Teilnehmenden zu zweit Text-Bild-Paare von Freizeitaktivitäten, die in dem anschließenden Hörtext enthalten waren. Beim ersten Hören sollten die Teilnehmenden eine globale Frage beantworten, beim zweiten Hören im Lehrbuch Freizeitaktivitäten unterstreichen, die im Hörtext vorkamen. Nach diesen inhaltlich orientierten Hörverständnisübungen lasen die Teilnehmenden den zuvor gehörten Text laut vor.

Im Text kamen Verbformen in dritter Person im Präteritum vor. Die Teilnehmenden suchten und unterstrichen sie. Abwechselnd schrieben sie sie an die Tafel und mit Hilfe der Lektorin ergänzten sie zu den Partizipien die entsprechenden Infinitive. Auf diese Weise erschlossen sie induktiv die Regel für die Bildung des Vergangenheitspartizips. Anschließend füllte jede/r selbstständig die Tabelle mit Infinitiven und Vergangenheitspartizipien aus (es handelte sich um dieselbe Tabelle, die auch im Unterricht der Versuchsgruppe verwendet wurde – siehe oben).

Zur Vervollständigung lasen die Teilnehmenden danach die deutschsprachige Darlegung der Präteritumbildung im Lehrbuch, wo sie auch über das Hilfsverb in erster und zweiter Person, über die Wortstellung des Hilfsverbs und die Negation erfuhren. Zum Schluss füllten sie wieder die Tabelle aus, in der sie die neu erlernten Regeln für sich bestätigten.

Als Übung modifizierten die Teilnehmenden den Text, den sie zuvor gehört und gelesen hatten, aus der dritten Person in die erste Person Singular. Zum Schluss fragten sie sich gegenseitig in Paaren, was sie am vorigen Tag gemacht hatten.

Die Unterrichtseinheit wurde mit einer kurzen Zusammenfassung der neuen Grammatikregeln seitens der Lektorin abgeschlossen.

7. Das Messungsverfahren

Der Effekt des gewählten Unterrichtsansatzes wurde mittels eines grammatischen Tests gemessen. Die Parameter dieses Messungsverfahrens wurden vorwiegend an die Studie von Boccou Kestřánková (2015) angelehnt. Beide Gruppen schrieben einen Pretest unmittelbar vor der Unterrichtseinheit und einen Posttest unverzüglich danach (vgl. Gavora et al. 2010: 150).

Beide Tests wurden nach den gleichen Spezifikationen erstellt und sie enthielten den Wortschatz des im Sprachkurs der Teilnehmenden verwendeten Lehrbuch Tschechisch kommunikativ (Maidlová & Nekula 2005). Bei dem Verfassen der Modellsätze wurde außerdem auf zwei andere Lehrbücher für Anfänger zurückgegriffen (Holá 2006; Holá & Bořilová 2012).

In beiden Tests mussten die Teilnehmenden jeweils zehn Sätze im Präteritum aus vorgegebenen Wörtern bilden – siehe Beispiel (1). Bei jedem Satz wurde bewertet, ob das Partizip richtig5 gebildet wurde und je nach Genus vom Subjekt die richtige Endung enthielt, gegebenenfalls auch ob die Negation richtig eingesetzt wurde. Beim Hilfsverb wurden seine Form und Stellung im Satz beurteilt. Für jeden richtig gebildeten Satz konnte man demnach fünf Punkte erhalten, die Höchstzahl an Punkten im gesamten Test war 50.

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Tabelle 1: Testbeispiel

8. Ergebnisse

Das durchschnittliche Ergebnis beider Gruppen im Pretest und Posttest wird in Tabelle 2 präsentiert, die die erreichten Punkte auch prozentual darstellt.

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Tabelle 2: Ergebnisse der Pilotstudie (Durchschnitt)

Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die Kenntnis des Präteritums vor der Unterrichtseinheit relativ gleich war – die Versuchsgruppe erzielte durchschnittlich 5,5 % (2,75 Punkte) weniger als die Kontrollgruppe. Die verhältnismäßig niedrige Punktanzahl bei beiden Gruppen deutet darauf hin, dass die Regeln für die Präteritumbildung den Teilnehmenden vor der Pilotstudie nicht bekannt waren. Es ist anzunehmen, dass sie sich beim Ausfüllen des Tests vor allem an dem Beispielsatz am Anfang des Tests orientierten und versuchten, andere Verbformen daraus abzuleiten.

Im Gegensatz dazu ist der Unterschied zwischen den beiden Gruppen im Posttest höher. Die Versuchsgruppe erreichte ein durchschnittlich um 9,5 % (4,75 Punkte) höheres Testergebnis als die Kontrollgruppe. Dies deutet daraufhin, dass die Hypothese 1 sich bestätigte.

Weiterhin wurden die Teilnehmenden aus der Versuchsgruppe am Ende der Unterrichtseinheit gebeten, ihre in der Reflexion mitgeteilten Eindrücke kurz schriftlich zu fassen. Dieses Feedback ermöglicht es, zu beurteilen, ob die Studierenden die Anwendung von Dramapädagogik im Grammatikunterricht als positiv und motivierend ansehen.

In den Kommentaren kommt wiederholt – mehr oder weniger explizit – die Bemerkung vor, dass der Unterricht Spaß machte. Ein weiteres oft angesprochenes Thema ist die Effizienz des gewählten Unterrichtansatzes. Einige Teilnehmenden hoben außerdem die didaktischen Aspekte hervor – das Verfahren in kleinen Schritten, die unmittelbare Anwendung des neuen Lernstoffs in realen Kontexten und seine Verknüpfung mit Erfahrungen und Beispielen.

Die geschilderten Eindrücke deuten an, dass der Unterricht bei den Teilnehmenden einen sehr guten Eindruck hinterließ. Dies lässt vermuten, dass die Hypothese 2 sich bestätigte. Man kann voraussetzen, dass eine langfristige Anwendung von Dramapädagogik zu der Motivation der Studierenden beitragen könnte, aktiv an dem Unterricht teilzunehmen. Das könnte eine positive Auswirkung auf ihre Lernergebnisse und somit generell auf ihr Sprachniveau haben.

9. Diskussion

Bei der Interpretation der aufgeführten Ergebnisse ist es notwendig, die Rahmenbedingungen, in denen die Pilotstudie entstanden ist, in Erwägung zu ziehen. Der Zeitrahmen für ihre Vorbereitung und Durchführung betrug ein Jahr und die Teilnehmeranzahl war relativ gering (acht Teilnehmende). Diese Bedingungen sind nicht ausreichend, um die Hypothesen eindeutig zu bestätigen oder zu widerlegen. Die Ergebnisse können also lediglich eine Tendenz zeigen.

Wie oben erwähnt, erzielte die Versuchsgruppe im Posttest ein durchschnittlich um 9,5 % höheres Ergebnis als die Kontrollgruppe. Dies deutet die Bestätigung der Hypothese 1 an. Man kann deshalb behaupten, dass der Unterricht mit Einbezug der Dramapädagogik effektiver als der Unterricht in der Kontrollgruppe verlief. Dieses Ergebnis korrespondiert mit anderen durchgeführten Studien. Einen Progress in der Sprachkompetenz von Studierenden, die mithilfe von dramapädagogischen Verfahren unterrichtet wurden, stellte auch Boccou Kestřánková (2015) fest.

Die höhere Effizienz des dramapädagogischen Sprachunterrichts kann man durch seinen holistischen Charakter erklären. Damit ist im Einklang mit Even (2003: 151) die Einbeziehung der ganzen Lernerpersönlichkeit in den Lernprozess gemeint. Das bedeutet, dass nicht nur die kognitiven, sondern auch die emotionalen Aspekte, Stimme und Bewegung aktiviert werden. Die Ergebnisse des Posttests deuten darauf hin, dass dieses Schlüsselcharakteristikum der Anwendung von Dramapädagogik im Fremdsprachenunterricht die Lernergebnisse beeinflusst.

Gleichzeitig ist zu betonen, dass der Einsatz vom Erleben im Unterricht nicht die kognitiven Prozesse ausschloss. Kognitiv orientiert waren insbesondere die Einordnungsphasen (Even 2003, siehe oben). Aus diesem Grund kann man behaupten, dass die Verbesserung der Leistung der Versuchsgruppe im Posttest durch die Kombination von expliziter Präsentation grammatischer Regeln und ihrer aktiven Anwendung in kreativen Aktivitäten gegeben ist.

Die Gelegenheit, aktiv am Unterricht teilzunehmen und kreativ zu sein, erhöht die Teilnahmebereitschaft und trägt zu einer positiven Einstellung zur Grammatik bei (ibid. 257). In der vorliegenden Pilotstudie wurde diese Behauptung mittels der Reflexion und des schriftlichen Feedbacks der Versuchsgruppe überprüft.

Aus der Reflexion und dem schriftlichen Feedback der Teilnehmenden wird ersichtlich, dass sie die Anwendung von Dramapädagogik als positiv bewerteten. Der Unterricht machte ihnen Spaß und sie schätzten, dass sie die präsentierte grammatische Struktur aktiv anwenden konnten. Daher kann man annehmen, dass die Hypothese 2 bestätigt wurde. Das Feedback der Teilnehmenden korrespondiert mit den Ergebnissen des Fragebogens von Even (ibid.).

Man muss jedoch in Erwägung ziehen, dass die positive Aufnahme des dramapädagogischen Unterrichtsansatzes auch durch weitere Faktoren beeinflusst werden konnte. Die Teilnehmenden kannten sich und hatten untereinander gute Beziehungen. Dies unterstützte ihre Bereitschaft, an den dramapädagogischen Aktivitäten teilzunehmen, denn sie konnten dadurch die anfänglichen Hemmungen leichter überwinden.

Weiterhin konnte ihre Motivation mit dem Termin, an dem die Unterrichtseinheit verlief, zusammenhängen. Der Unterricht fand an einem Samstag statt, das heißt außerhalb des gewöhnlichen Stundenplans. Alleine die Tatsache, dass die Studierenden sich dazu freiwillig anmeldeten, deutet auf ihre Bereitschaft hin, Tschechisch zu lernen und neue Unterrichtsansätze kennen zu lernen.

Bei vergleichenden methodischen Studien ist es generell problematisch, Gruppen zu finden, die möglichst homogen sind. Im vorliegenden Fall konnte man zum Beispiel nur schwer Einflussfaktoren wie Lerntyp, Einstellung zur Zielsprache oder Alter kontrollieren. Dies schränkt die Validität der durchgeführten Pilotstudie ein.

10. Fazit

Die in diesem Artikel behandelte Pilotstudie untersuchte den Effekt des dramagrammatischen Ansatzes im Unterricht von Tschechisch als Fremdsprache. Zwei Studierendengruppen nahmen an einer Unterrichtseinheit teil, die das tschechische Präteritum vermittelte.

In der Versuchsgruppe stützte sich die Einheit auf dramapädagogischen Fremdsprachenunterricht, genauer gesagt auf Dramagrammatik. Für die Zwecke der Pilotstudie wurde der dramagrammatische Ansatz modifiziert, so dass er im Unterricht einer slavischen Sprache auf dem Anfängerniveau verwendet werden konnte.

Im Gegensatz dazu wurde in der Kontrollgruppe vornehmlich das Lehrbuch verwendet und im Unterricht wurde anhand kommunikativen Ansatz vorgegangen.

Es wurden zwei Hypothesen überprüft. Erstens wurde angenommen, dass Dramagrammatik einen Effekt auf die Lernergebnisse hat. Dies wurde mithilfe von grammatischen Tests vor und nach dem Unterricht festgestellt. Die Versuchsgruppe erzielte nach dem Unterricht im Posttest ein durchschnittlich um 9,5 % höheres Ergebnis als die Kontrollgruppe. Dies deutet die Bestätigung der ersten Hypothese an.

Laut der zweiten Hypothese sollten die Teilnehmenden aus der Versuchsgruppe die Unterrichtseinheit als positiv bewerten, was ihre Motivation im Tschechisch-Unterricht steigern könnte. Diese Hypothese wurde in der Abschlussreflexion während der Unterrichtseinheit und in einem kurzen schriftlichen Feedback der Teilnehmenden aus der Versuchsgruppe untersucht. Die erhobenen Reaktionen betonten die Unterhaltsamkeit und Effizienz des dramagrammatischen Ansatzes. Aus diesem Grund kann man annehmen, dass die zweite Hypothese bestätigt werden konnte.

Den festgestellten Effekt des dramapädagogisch angelegten Fremdsprachenunterrichts kann man durch seinen ganzheitlichen Charakter erklären, der es ermöglicht, sich mit der Grammatik intensiver und kreativer zu befassen als unter Auslassung von nicht-kognitiven Aspekten, wie Emotionen. Gleichzeitig verzichtet die Dramagrammatik nicht auf die bewusste Auseinandersetzung mit Grammatik. Man kann also behaupten, ihr Effekt liegt in der Kombination vom expliziten Grammatikunterricht und der kreativen Anwendung grammatischer Strukturen in konkreten, realitätsnahen Situationen.

Um den Effekt genauer beschreiben zu können, ist jedoch eine größere Teilnehmeranzahl und eine langfristige Studie nötig. Des Weiteren wäre zu überprüfen, inwiefern der dramagrammatische Fremdsprachenunterricht für andere Lernkulturen geeignet ist. Die vorliegende Pilotstudie konnte die untersuchten Hypothesen zwar nicht verlässlich bestätigen oder widerlegen, sie zeigte jedoch Tendenzen auf. Diese können nicht nur Ausgangspunkt für weitere Forschung auf diesem Gebiet sein, sondern auch als Inspiration für die Lehre von (nicht nur) Tschechisch als Fremdsprache dienen.

Bibliografie

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Lehrbücher

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