Eine Lehr-, Lern- und Forschungsorganisation durch Bertolt Brechts Ideen?1

Gerd Koch

Jahrgang XIII, Ausgabe 1, 2019, doi:10.33178/scenario.13.1.5
© 2019, The Author(s). This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License.

Zusammenfassung

Meine back-ground-/back-stage-Phantasie: Wie sähe eine experimentelle Akademie für die Allgemeinheit aus, die keine Schauspiel-Schule oder Kunst-Akademie wäre, sondern eine, die sich mehr oder weniger an Vorschlägen des Theater-Machers Bertolt Brecht orientiert? Denn: Brechts poetische Kraft wirkt pädagogisch / bildend und bleibt poetisch. Er stellt seine Potenzen in gesellschaftliche Aushandlungsprozesse – durchaus störrisch, nicht anpasslerisch und nicht anbiedernd. Er tritt damit in eine Bildungsbewegung ein, die Demokratisierung und literarische Aufklärung verbinden möchte und kann. Es findet eine Geselligkeitserziehung statt. Und solch ein pädagogisches Modell eines Theater- und Literatur-Menschen weist über das Feld von Theater, Kunst, Literatur, Ästhetik u. ä. hinaus. Und es kann denen im Sinne einer „konkreten Utopie“ (Ernst Bloch) dienlich sein, die in verwalteten, zweck-funktionalen Lehr-Lern-Situationen tätig sind.

Contents

  1. Einleitung
  2. Vielfalt der Vorschläge Brechts
  3. Eine generelle, eine offene „Bertolt-Brecht-Akademie“?

1. Einleitung

Im Wintersemester 1969/70 war ich Student der Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg. Zusammen mit dem Dozenten Dr. Harm Prior organisierten wir (6 StudentInnen) ein Seminar mit dem Titel „Probleme der Gruppenarbeit und Gruppendynamik“. Diese mit großem studentischen und akademischen Interesse durch- und weitergeführte Seminarveranstaltung war zugleich Teil der Regel-Ausbildung von Lehramts-StudentInnen und ein hochschuldidaktisches Exempel. Die Lern-Gruppe auch in der Hochschuldidaktik zu würdigen, zu fördern hatte damals einen ähnlichen innovativen Wert, wie heutigentags eine sog. ‚performative Wende‘.

Mich führte meine Teilnahme dazu, mich am Interdisziplinären Zentrum für Hochschuldidaktik (IZHD) der Universität Hamburg zu beteiligen. Unsere Seminarerfahrungen dokumentierten wir reflektiert in „Blickpunkt Hochschuldidaktik, Heft 11“ des „Arbeitskreis für Hochschuldidaktik“, unter dem Titel „Gruppendynamik in der Seminararbeit. Reflexionen und Materialien aus einem Seminar“ (Prior 1970).

Als Motto dieser Publikation steuerte ich für das Vorsatzblatt des Buches ein Brecht-Zitat bei, das ich bei seinem Regie-Schüler Manfred Wekwerth gefunden hatte:

Die nachfolgenden Theater sind aufgefordert, ‚Abänderungen des Modells zu erfinden, solche nämlich, die das Wirklichkeitsabbild wahrheitsgetreuer und aufschlussreicher, oder artistisch befriedigender machen. Dabei ist nicht nur für die Abänderungen, sondern auch für das Übernehmen Phantasie nötig. Die Abänderungen des Modells werden um so eindrucksvoller sein, da sie eine Negation von Vorhandenem darstellen – dies für Kenner der Dialektik‘. (Wekwerth 1967: 33)2

Also: Produktiv umgehen mit dem, was ist, und Versuche anstellen, um Neues zu ermitteln – mit praktischer Phantasie. Der rote Faden hochschuldidaktischen Denkens und Handelns wurde für mich als Theaterpädagoge seit damals eine Richtschnur – mal mehr deutlich, mal unterschwellig mitlaufend im Geflecht meiner beruflichen Tätigkeit3 – auch, um (meinen) Routinisierungen im Lehr-Lern-Betrieb vorzubeugen.

Die im Heft II/2018 von SCENARIO erschienenen „Empfehlungen zur Förderung einer performativen Lehr-, Lern- und Forschungskultur an Hochschulen“ haben mich motiviert, den roten Faden von 1969 wieder anzuspinnen („spinnen“ – bitte doppelsinnig lesen) und dies mit Impulsen von Bertolt Brecht zu tun. Ich sehe im Übrigen in dem Redaktionskonzept von SCENARIO schon so etwas wie eine fachliche Kommunikationsgemeinschaft, die einer virtuellen Akademie recht nahekommt; siehe dazu auch die „Empfehlungen zur Förderung einer performativen Lehr-Lern- und Forschungskultur an Hochschulen“ (Jogschies, Schewe, Stöver-Blahak 2019: 61f) sowie den Bericht über eine Konferenz am University College Cork, auf der es um die Entwicklung eines internationalen Glossars im Bereich „Performative Arts and Pedagogy“ ging (Hentschel 2019: 60).

2. Vielfalt der Vorschläge Brechts

Bertolt Brecht war nicht nur ein Stückeschreiber und ein Poet. Er war auch jemand, der an Organisationsfragen von Kunst und Medien und Bildung interessiert war. Schon in den 1920er Jahren faszinierten ihn das Kino und das Radio. Für Bildungsprozesse (nicht nur von Arbeitern und Kindern) entwickelte er seine Lehrstücke als politisch-soziale, szenische Selbstlernangebote. Und seine politische Lyrik war natürlich getragen von einer Wirkungsabsicht und -ästhetik. Seine Lieder wurden kongenial etwa vertont von Hanns Eisler, Paul Dessau und Kurt Weill. Bild-Material (etwa von Pieter Breughel) stimulierte ihn und er ‚bereicherte‘ Bilder etwa von Hans Tombrock oder Presse-Fotos durch seine Texte (siehe seine „Kriegsfibel“).

Nach Ende von Exil und Zweitem Weltkrieg konnte Brecht sein Berliner-Ensemble aufbauen, dessen Leitung seine Frau, die Schauspielerin Helene Weigel, von 1949-1971innehatte. Ein Ensemble war für Brecht nicht nur eine Schauspieler-Gruppe, sondern der Begriff skizzierte etwas Weiteres: Es meinte das Ensemble, das eigensinnige Zusammensein und -wirken verschiedener Künste. So wurde am Berliner Ensemble bei Proben fotografiert und speziell gefilmt (50 Filme sind überliefert), um so Gesten und Rollenbeziehungen sichtbar zu machen. Es wurden Modellbücher erstellt, ausführliche Programm-Hefte von der Dramaturgie herausgegeben, Publikumsgespräche veranstaltet. Brecht hat bald nach seiner Rückkunft nach Deutschland einen Plan für ein zukünftiges Theater entwickelt – zukünftig in einem mehrfachen Sinne: Ein Theater nach der elenden und mörderischen Zeit des deutschen Nationalsozialismus, für die Etablierung einer Theaterlandschaft in einer neuen Gesellschaft / einem neuen Staat in Deutschland und hin zu einer Lebensweise, die eine zivilgesellschaftliche Kultur prägen könnte / sollte (Brecht hielt die „Lebenskunst“ für die höchste aller Künste).

Das sogenannte „Theaterprojekt B.“ entsteht 1948 (verfasst unter Mitwirkung von Wolfgang Langhoff, dem Intendanten des Deutschen Theaters):

In einem nicht zu großen, verkehrstechnisch günstig gelegenen Theater sollen eine Saison lang Gastspiele stattfinden, und zwar solche ausgezeichneter russischer, tschechischer, polnischer (usw.) Theater sowie Gastspiele emigrierter großer Schauspieler. Es hat sich gezeigt, daß z. B. die Sowjetdramatik ohne die hoch entwickelte Spielweise des Sowjettheaters nicht adäquat dargestellt werden kann ... Für solche Gastspiele muß das Theater im Stande sein, en suite zu spielen. Geplant sind 3-4 Stücke wie Gorkis Schelesnowa, ein Stück von Lorca, eines von O‘Casey, eines von Brecht. Nötig ist ein ständiges Ensemble von 20 – 25 Schauspielern, in dem ebenfalls einige Schauspieler aus der Schweiz und den USA (…) sein sollten ... Das Ensemble soll aber von Anfang an auch allein spielen, indem es Kindertheater macht (...) das Ensemble (soll) an modernen Stücken eine realistische neue Spielweise ausbilden, mit der es im zweiten Jahr … Modellaufführung herstellen kann, mit denen es selber in Deutschland gastieren kann. Die Arbeiten des Theaters sollen von Anfang an von einem kleinen Archivbüro rekordiert, publiziert und den Provinzbühnen zugänglich gemacht werden (...) Vorträge von Marxisten, sowie eine Theaterbibliothek und Abonnements ausländischer Theaterzeitschriften (..) Das Theater sollte administrativ einem großen Theater … angeschlossen sein, damit ein Austausch von Schauspielern möglich ist (...) Entscheidende Vorarbeit muß getan werden zur Gewinnung eines Arbeiterpublikums, besonders der Jugendlichen. (Nötig: ein kleines Werbebüro mit einem Publizisten ...) (Hecht 2014: 20)

1972 (2. Auflage 1976) erschien eine bahnbrechende Untersuchung von Reiner Steinweg zu einem spezifischen Format des Brechtschen Schaffens in Praxis und Theorie: „Das Lehrstück. Brechts Theorie einer politisch-ästhetischen Erziehung“. Steinweg machte deutlich, dass Brecht als Gesellschaftsreformer/-veränderer mit seinen Lehrstücken eine ‚große Pädagogik‘, eine Gesellschaftspädagogik der Partizipation entwickelt hatte, die über den isolierten Raum eines Theaters hinausweist. Also: Kein Vorführtheater, sondern ein „TheaterSPIEL“ (vgl. Koudela 1993: 27-31), als Bereitstellung eines Tätigkeitsplatzes zur kollektiven Selbstverständigung – zum exemplarischen Lernen und Lehren in Richtung sozialer Phantasie und Handlungsfähigkeit; eines Aushandelns von Möglichkeiten; eines Abarbeitens an auch asozialen Mustern und Haltungen. Ein Training für empowerment und Handlungswissen; ein learning by doing im Modell-Handeln vor dem Horizont einer „konkreten Utopie“ (Ernst Bloch). Brechts Lehrstücke, für die er auch den englischen, prozesshaften Begriff learning plays vorschlug, zeichnen sich dadurch aus, wie der Philosoph der Hoffnung als menschlicher Potenz, Ernst Bloch, in seinem Werk „Das Prinzip Hoffnung“ schreibt, dass Bertolt Brechts Stücke die Eigentümlichkeit haben, selbst noch zu lernen (Bloch 1970: 48)4 – sie also keine Thesenstücke seien, sondern Übungen, Einübungen, Wirkvermittlungen körperlich-sozialer Art. „Theatralisierung von Lehr-Lernprozessen“ – so wäre Brechts Ansatz von einem pädagogischen Denken her zu benennen (vgl. Koch u.a. 1965). Praxeologisches, also Handlungs-Wissen ist angestrebt – mit etwa den Perspektiven von enlargement, enrichment, enlightment. Es lässt Menschen dadurch zu wahrhaften Akteuren ihrer eigenen Sache werden, indem es Denk-Praxis-Räume zu gestalten in der Lage ist. Hier wird auch die ethische Seite des beruflichen Tuns, die Haltung von in den Wissenschaften Tätigen angerissen (siehe auch Brechts polemische Beschäftigung mit Intellektuellen (sog. „TUI“s; GBA 17))5. Verschiedene Berufsgruppen verfügen bereits über sog. codes of ethics. Im Jahre 2011 wurde ein „Internationales Übereinkommen über das Verhalten und zur Ethik von Theaterpädagoginnen und Theaterpädagogen“ verbschiedet – es kann als Muster dienen und liegt in einigen Sprachen vor.6

Brechts poetische Kraft wirkt pädagogisch / bildend und bleibt poetisch. Er stellt seine Potenzen in gesellschaftliche Aushandlungsprozesse – durchaus störrisch, nicht anpasslerisch und nicht anbiedernd. Er tritt damit in eine Bildungsbewegung ein, die Demokratisierung und literarische Aufklärung verbinden möchte und kann. Es findet eine Geselligkeitserziehung statt (durchaus mit konkret-utopischen Zügen). Und solch ein pädagogisches Modell eines Theater- und Literatur-Menschen weist über das Feld von Theater, Kunst, Literatur, Ästhetik u. ä. hinaus.

Deshalb mein Gedanke, meine Phantasie: Wie sähe eine experimentelle Akademie aus, die keine Schauspiel-Schule oder Kunst-Akademie wäre? Sondern meine Frage ist: Ließe sich mehr oder weniger locker an Bertolt Brecht anknüpfen oder darüber hinaus noch etwas Weiteres entwickeln? Vielleicht gar eine Akademie für die Allgemeinheit, für alle? Eine generelle, eine offene „Bertolt-Brecht-Akademie“? Eine Akademie neuer Art, die sich zugleich experimentell auf den utopischen und philosophischen Überschuss der antiken Akademie-Ideen bezieht?! Brecht hat im Übrigen den Terminus „Pädagogium“ (GBA 10: 517) benutzt – im deutschen Verständnis: eine humanistische Bildungsanstalt mit hohem Anspruch. Eine Akademie, die ganz von und für heute ist?!

3. Eine generelle, eine offene „Bertolt-Brecht-Akademie“?

Ich versuche eine Skizze, eine Art Zukunfts-Traum oder Möglichkeitsraum und lasse mich von Bertolt Brecht leiten. Dazu blicke ich zuerst zurück auf seine Organisationsideen von 1937/8 zu einer „theaterwissenschaftlichen Gesellschaft“ (GBA 22.2: 273f), einer “Gesellschaft für induktives Theater“ (GBA 22.1: 274) sowie einer „Diderot-Gesellschaft“ (GBA 22.1: 274ff), die er an einen internationalen Kollegenkreis sandte zum Zwecke der Gründung einer „internationale(n) Gesellschaft von Wissenschaftlern, welche den Austausch der Erfahrungen und Probleme organisieren“ (GBA 22.1: 274). Ich formuliere nun Brechts wenige Stichworte von 1937 zur Gründung einer „theaterwissenschaftlichen Gesellschaft“ (die nicht zustande kam) etwas um und schreibe einen Aufruf zur Gründung einer neuartigen Akademie mit / nach Vorschlägen von Brecht, indem ich statt von „Gesellschafts“-Gründung in der ersten Zeile von ‚Akademie-Gründung‘ spreche (und den weiteren Brecht-Text unverändert lasse):

Die Mitglieder der Akademie tauschen korrespondierend Darstellungen ihrer Arbeiten auf experimentellem Gebiet aus. Sie benutzen gegenseitig ihre Erfahrungen und bringen ihr technisches Vokabular in Einklang.

Die Darstellungen berücksichtigen folgende Gesichtspunkte:

  1. Soziales Interesse des Stoffes
  1. Die Fakten, die benutzt wurden
  1. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die benutzt wurden
  1. Technische Neuerungen
  1. Benutzung fremder technischer Neuerungen
  1. Vorschläge für technische Bezeichnungen
  1. Aufbau der Arbeiten
  1. Zitierung von Kritik und Kritik derselben
  1. Neu auftauchende Probleme

Und die Haltung eines Lehrenden / einer Lehrenden in dieser Akademie kann in Analogie zu Brechts Beschreibung der „Haltung des Probenleiters (bei induktivem Vorgehen)“ skizziert werden:

Der Lehrende kommt hier nicht mit einer ‚Idee‘ oder ‚Vision‘, einem ‚Plan‘ und einer ‚fertigen Dekoration‘. Er wünscht nicht, eine Idee zu ‚verwirklichen‘. Seine Aufgabe ist, die Produktivität zu wecken und zu organisieren. Unter Probieren versteht er nicht das Einpeitschen von vornherein in seinem Kopf Feststehendem. Er versteht darunter ein Ausprobieren. Er hat darauf zu dringen, dass jeweils mehrere Möglichkeiten ins Auge gefasst werden (...) Außerdem ist die Produktivität der einzelnen Mitwirkenden ungleichmäßig. Sie produzieren in verschiedenem Tempo und benötigen verschiedene Anreize. Die einzelnen Mitwirkenden haben auch verschiedene Interessen, die man entwickeln muß, um die Gesamtlösung anzureichern (…) Der Lehrende muss Krisen entfesseln (…) Das Vertrauen der Mitwirkenden zu ihm muß eher darin begründet sein, dass er imstande ist, herauszubringen, was keine Lösung ist. Er hat die Fragen beizusteuern, den Zweifel, die Vielfalt möglicher Gesichtspunkte, Vergleiche, Erinnerungen, Erfahrungen (…). (GBA 22.1: 597)

Der Autor Claudio Magris nennt gar – idealisiert / typisiert – „Das Kaffeehaus … eine platonische Akademie“:

In dieser Akademie wird nichts gelehrt, aber man lernt Geselligkeit und Ernüchterung. Man kann plaudern, erzählen, doch es ist nicht möglich zu predigen, Versammlungen abzuhalten, Unterricht zu erteilen. Jeder an seinem Tisch ist dem Nachbarn zugleich nah und fern … An diesen Tischen ist es nicht möglich, Schulen zu begründen, Lager zu bilden, Anhänger und Nacheiferer zu mobilisieren, eine Gefolgschaft zu rekrutieren … An diesem Ort … ist kein Platz für die falschen Meister, die mit falschen Erlösungsverheißungen den verführen, der von einem ängstlichen und unbestimmten Verlangen nach müheloser und unmittelbarer Erlösung erfüllt ist. (Magris 2004: 17)

Arno Widmann resümiert Claudio Magris’ Ich-bzw. Subjekt-Verständnis prägnant so:

Wir beginnen zu ahnen, wie mühsam es für jeden von uns ist, ein Ich zu sein … wie man das macht und wie man dieses Ich immer größer, immer umfassender werden lässt. Nicht indem man sich aufbläst, sondern indem man immer mehr Dus einlässt. (Widmann 2019: 32)

Und bei Bertolt Brecht heißt es:

‘Ich‘ bin keine Person. Ich entstehe jeden Moment, bleibe keinen. Ich entstehe in der Form einer Antwort. In mir ist permanent, was auf solches antwortet, was permanent bleibt. (-) ‚Meine‘ Organe sind Organisationen, die sich ununterbrochen organisieren – zu einem bestimmten Zweck“ (GBA 21: 404)

Der Zwiespalt zwischen Individuum (also: Unteilbarem, Anm. des Autors) und Dividuum (also: Teilbarem, Anm. des Autors) macht den Künstler aller Zeiten aus ... Kunst ist nichts besonders Individuelles. Ein reiner Individualist wäre schweigsam.“ (GBA 21: 179f)

Am 21. 4. 1941 notiert Brecht:

Andrerseits ist die Zertrümmerung, Sprengung, Atomisierung der Einzelpsyche eine Tatsache, d. h. es ist nicht nur eine Beobachtungsgewohnheit fehlerhafter Art, wenn man diese eigentümliche Kernlosigkeit der Individuen feststellt. Nur bedeutet Kernlosigkeit nicht Substanzlosigkeit. Man hat eben neue Gebilde vor sich, die neu zu bestimmen sind. Selbst Auflösung ergibt nicht nichts. Dabei ist ja auch Abgrenzung der Einzelpsychen immer noch deutlich wahrnehmbar. Auch das neue Gebilde reagiert und agiert individuell, einmalig, ‚unschematisch‘. (GBA 26: 476)

Solche gesellige Mikro-Politik korrespondiert strukturell mit dem makro-politischen Diskurs- und Handlungsmodell einer Makro-Politik der „deliberalen Demokratie“ als einer Verfassung des Aushandelns. Es ist Teil eines Denken im Rahmen einer „Selbstverständigung“7 mittels eines „Demokratischen Experimentalismus“8 – besser ist vielleicht der Begriff der „Experimentalität“ – als Basis von Zivilgesellschaft, civil society, civilité

Eine solche Akademie könnte unter dem Leitbild / Motto stehen: „Probleme können auch ungelöst dargestellt werden" (GBA 22.1: 276).

Nun nenne ich einige Aufmerksamkeitsrichtungen für das zu entwickelnde Curriculum einer experimentellen, sozial-theatralen Akademie (siehe teatron als Schau- und Handlungsplatz) unter Verwendung weiterer Ideen von Bertolt Brecht.

Ein induktives, experimentelles Lern-Lehr-Modell wird angestrebt, das sich vom Brechtschen Theaterverständnis deutlich beeinflussen lässt

Es soll einer Entroutinisierung dienlich sein in Bezug auf Zeichen – Personen – Artefakte (Raumkonstruktion) – Texte (Alltag und Literatur). Es entfaltet in / mit optimistischer Haltung allgemeine menschliche Potentialität und Kreativität in Richtung auf (eventuell spezialisierte) Kompetenz, Performanz und Reflexion. Es geschieht eine politisch-kulturelle Bildung in Form von „Enteisung“9 – eine Verflüssigung, eine deutliche Prozessualisierung, eine Unsicherheit als Regelfall von Erziehung und Bildung. Es geht um ein sich „in der Entstehung begriffene(s) Wissen“ (Savoy 2018: 19).

Soziales, kreatives Theater und soziale Theaterpädagogik/Theaterbildung für gesellschaftlichen Wandel – einige Aufmerksamkeitsrichtungen und Denk-Anstöße für die Akademie

Soziale und kreative Theaterarbeit / Theaterlabor / Formen des Spiels / Gemeinsame Gestaltung / Theater als Zeitgenosse / Theater der Verhandlung / Theater als Ort vieler Künste / Theater verändert menschliches Verhalten / Theater verändert menschliches Verhalten / Theater als Toleranz-Raum / Theater vernetzt gesellschaftliche Interessen / Theater-Welt & Welt-Theater / Theater gestaltet Leben / Theater greift ein in gesellschaftlichen Wandel / Theater als utopische Kraft / Theater der Dynamik / Theater erzeugt neue Blicke / Theater als Chance / Theater ist öffentliche Aktion / Theater als eine Form der Publizistik.

Brechts „Weltbewusstsein“ (Ottmar Ette), sein relationales „Weltwissen“, seine „Weltliteratur“ / seine welthaltige Literatur, seine Potenz als „Weltempfänger“ und „Weltensammler“ (Ilija Trojanow) seine Differenz-Wahrnehmung, -Gestaltung und -Übung ist ähnlich strukturiert. Brecht empfiehlt und betreibt ein mehräugiges Wahrnehmen (vgl. Wöhrle 1988: 190ff).

Brecht hat 1939 eine Unterscheidung getroffen, mit der er zwei Formen der „Dramatik im Zeitalter der Wissenschaft“ so klassifizierte: Das alte Theater sei nach dem K-Typus (dem Karusselltypus) gestaltet und das neue Theater nach dem P-Typus (dem planetarischen Typus).

Brecht nun war skeptisch gegenüber … (einer) Gegenwärtigkeit, in die die Zuschauer in ein Geschehen hineingerissen würden, als ob sie auf einem Karussell säßen. Er schlug vor, szenische Vorgänge herzustellen, die betrachtet werden, als säße man im Planetarium und beobachtet das Kreisen der Planeten im Weltraum. (Kotte 2005: 105f)

Die Dramatik vom P-Typus ... setzt ihn (den Zuschauer, Anm. gk) doch mehr instand zu handeln. Ihr sensationeller Schritt, die Einfühlung des Zuschauers weitgehend aufzugeben, hat nur den Zweck, die Welt in ihren Darstellungen dem Menschen auszuliefern, anstatt, wie es die Dramatik vom K-Typus tut, der Welt den Menschen auszuliefern. (GBA 22.1: 389)

Lässt man sich auf ein Denken in dynamischen Kategorien von Planeten ein, dann befindet man sich im Kontext der Herausforderung des Verstehens von fremden Dynamiken und raumzeitlichen, variablen Gebilden/Feldern. Meines Erachtens ist dieses globale Felddynamische der Subtext des Brechtschen P-Typus-Denkens. Ein kosmopolitisches, multiversales Neugier- und Staunen-Prinzip als Haltung bringt (singt) Brecht zum Ausdruck in seinem

„LIED DES STÜCKESCHREIBERS

Um zeigen zu können, was ich sehe

Lese ich nach die Darstellungen anderer Völker und anderer Zeitalter.

Ein paar Stücke habe ich nachgeschrieben, genau

Prüfend die jeweilige Technik und mir einprägend

Das, was mir zustatten kommt.

Alles aber übergab ich dem Staunen

Selbst das Vertrauteste.“

(GBA 14: 299f)10

Fragebögen nach Aufführung und variiert zu anderen Anlässen sind nützlich

Aus Anlass der Aufführung seines Lehrstücks „Die Massnahme“ hat Brecht 1930 einen Fragebogen entwickelt, der „(z)ur Diskussion“ darüber anregen „soll ..., ob eine solche Veranstaltung politischen Lehrwert hat.“

Fragebogen

1. Glauben Sie, daß eine solche Veranstaltung politischen Lehrwert für den Zuschauer hat?

2. Glauben Sie, daß eine solche Veranstaltung politischen Lehrwert für den Ausführenden (also Spieler und Chor) hat?

3. Gegen welche in der ‚Maßnahme‘ enthaltenen Lehrtendenzen haben Sie politische Einwände?

4. Glauben Sie, daß die Form unserer Veranstaltung für ihren politischen Zweck die richtige ist? Könnten Sie uns noch andere Formen vorschlagen? (GBA 24: 96)

Hier bietet es sich an, in einer Akademie einen Schreibkursus zum kreativen, biografischen, szenischen, dialogischen Schreiben – ausgehend vom Fragebogen – sich anschließen zu lassen: Evtl. entstehen Lehrstück-Varianten, Kommentare, Gegenentwürfe, songs (siehe bei Brecht selber: Jasager vs. Neinsager; Gedicht / Gegengedicht)

Akademie-Bibliothek: Sie wird sich im Aufbau und durch Nutzung im stetigen, bedachten Umbau befinden – in mehrfachem Sinne: unabgeschlossen

Hier folgt mein Vorschlag dem Gedanken eines der Begründer der modernen Kulturwissenschaft, nämlich Abi Warburg, in Bezug auf den Aufbau seiner öffentlichen Forschungsbibliothek in Hamburg:

Die Erfassung und Aufstellung der Bücher folgte einem eigenwilligen Strukturprinzip. Dem ‚Gesetz der guten Nachbarschaft‘ folgend stellte Warburg Werke über die Geschichte der Naturwissenschaft neben Bücher über magisches Denken, Divination, Astrologie oder Alchemie, um den Übergang vom kultisch-magischen Denken zur modernen Wissenschaft nachzuzeichnen (…) Die Stichworte ‚Orientierung‘‚ ‚Bild‘, ‚Wort‘ und ‚Handlung‘ gaben eine Gliederung der … in vier Abteilungen vor (…) Unter ‚Orientierung‘ gruppierte Warburg solche Werke, die sich mit der Stellung des Menschen im Kosmos (Aberglaube, Religion, Magie, Wissenschaft) befassen. Entsprechend fanden sich hier Arbeiten aus der Anthropologie, der Religionswissenschaft und Philosophie sowie der Geschichte der Wissenschaften versammelt. In den Abteilungen ‚Wort‘ und ‚Bild‘ dokumentierten Werke zur Theorie und Geschichte der Künste den künstlerischen Ausdruck dieser wechselnden Weltverhältnisse. Die Abteilung „Handlung“ erfasste schließlich Werke aus der Geschichts- und Rechtswissenschaft, aus Volkskunde und Soziologie sowie dem Theater- und Festwesen (...) Die Anordnung auf den Regalen folgte aber nicht dem Prinzip der alphabetischen Reihung, sondern dem ‚Gesetz der guten Nachbarschaft‘, das die Nutzer auf Bücher stoßen ließ, die sie zwar nicht gesucht hatten, aber womöglich noch besser brauchen konnten als die gesuchten Werke. Die überraschende Zusammenstellung von Büchern aus unterschiedlichen Fächern sollte Brücken zwischen den Disziplinen bauen und neue Fragen, Perspektiven und Erkenntnisse ermöglichen.11

Nutzer und Nutzerinnen einer solchen Bibliothek in einer Bertolt-Brecht-Akademie nach Warburgs Muster sollten m. E. angeregt werden, ihrerseits freundschaftlich / nachbarschaftlich Bücher ihres Interesses in die Bibliothek als Schenkungen einzubringen – um eine konstruktiv-kritische / dialektische, imaginäre enzyklopädische12 Mischung zu gewährleisten.

Zwei Bemerkungen Brechts zu seinem Lektüre-Interesse mögen das hier Skizzierte stützen: Auf eine Rundfrage zu den besten Büchern von 1926 antwortet er:

Ich weiß nicht, was Sie lesen wollen, aber ich selbst mag keine Bücher lesen, in denen nicht entweder Methode oder Information steckt. Man betrachtet ja Bücher (…) im allgemeinen nicht nach dem Materialwert, aber ich tue es (…) Bücher (…), von denen ich etwas gehabt habe (…) Sie können auch ‚Geist und Gesicht des Bolschewismus‘ kaufen, wenn sie sich vornehmen, den Text mit einer Schere herauszuschneiden: das Bildmaterial ist ausgezeichnet und bewahrt Sie davor, über den Bolschewismus den üblichen Unsinn zu reden (...) Eine Art Ergänzung bildet Mendelsohns ‚Amerika‘ (Das Bilderbuch eines Architekten), ausgezeichnete Photos, die man eigentlich fast alle einzeln an die Wand heften kann und die den (bestimmt trügerischen) Anschein erwecken, als seien die großen Städte bewohnbar… Für den gleichen Preis, den man für eine Grammophonplatte mit ‚O du fröhliche, o du selige‘ anlegt, kann man seinen Kindern auch jenes ungeheuere Bilderbuch kaufen, das ‚Krieg dem Kriege‘ heißt, aus photographischen Dokumenten besteht und ein gelungenes Porträt er Menschheit zeigt. (GBA 21: 176)

Aus Anlass seiner Lektüre von „Frank Harris‘ Selbstbiographie“, dem Dokument eines „ungeheure(n) Lügners“, empfiehlt Brecht:

Monographien bedeutender Männer, Aufrisse gesellschaftlicher Strukturen, exakte und sofort verwertbare Information über die menschliche Natur und heroische Darstellung des menschlichen Lebens, alles von typischen Gesichtspunkten aus, und durch die Form nicht, was die Verwendbarkeit betrifft, neutralisiert (GBA 21: 165),

also wünschenswert ist Brecht hier Dokumentarisches (siehe: Materialwert / Materialproben).

Meine Empfehlungen generell: Keinen strengen Kanon festlegen, eher ein Archiv: stereometrisch, offen und aufmerksam (siehe Brecht: Neugier und Staunen! Er liest die Bibel, Kriminalromane und empfiehlt beispielsweise im Buch von René Fülop-Miller zu „Geist und Geschichte des Bolschewismus“ den Text heraus zu trennen, aber die Bilder darin zu lesen). Durchaus filmisches, mediales, prozessuales Material nicht-professioneller Art aus Lehr-Lern-Praxis sammeln – analog zur sog. grauen Literatur, als Material nutzen (siehe Brecht: nicht durch Form neutralisiert …); Mitschriften, Protokolle, mail-Brief-Wechsel von an Bildungsprozessen Beteiligten, Tagebuch-Notizen, Rezensionen, Tagungsdokumentionen …

„… bevor wir fertig geworden sind …“ (Brecht)

Auf denn: Es darf von dieser oder einer anderen, besseren Akademie geträumt werden. Wird eine solche Akademie WIRKLICH, dann WIRKT sie im produktiven Zusammenspiel von WIR und ICH – ja, wirklich! (so könnte es mit einem im Deutschen möglichen Wortspiel gesagt werden).

Yehuda Elkana und Hannes Klöpper scheinen solchen Denk- und Handlungsweisen verpflichtet zu sein, wenn sie „Die Universität im 21. Jahrhundert“ skizzieren als eine „neue Einheit von Lehre, Forschung und Gesellschaft“13 (Elkana & Klöpper 2012). In einer Art Konklusion sehen sie „Spielbasiertes Lernen“ als „Die kommende Innovation in der Hochschulbildung“ (ibid. 446ff). Einige ihrer Argumentationslinien berühren sich produktiv mit meinen Phantasien zu einer experimentellen Bertolt-Brecht-Akademie, und sie beziehen auch moderne, digitale Wissensformationen ins analoge Lern-Lehr-Setting bewusst mit ein: „Einer der drei Haupttrends, die der Horizon Report des New York Media Consortium für das Jahr 2011 identifiziert, ist spielbasiertes Lernen, d. h. die Anwendung von Spielprinzipien auf den Lernprozess“ (ibid. 446). Sie heben die „Idee der Serious Games“ hervor:

Dies sind Spiele, die Lösungsansätze für gesellschaftliche Probleme auf kleine Teilaufgaben (im Rahmen von Computerspielen oft Quests genannt) herunterbrechen und es so ermöglichen, durch eine spielerische Form des Ehrenamtes zu deren Lösung beizutragen. Dies scheint ein interessanter Ansatz zu sein, den man auch im Rahmen der von uns vorgeschlagenen Lehrveranstaltungen zu Problemen aus der Lebenswirklichkeit nutzen könnte. (ibid. 447)

Der Horizon Report erkennt, „dass das größte Potenzial von Spielen für das Lernen in deren Fähigkeit liegt, die Zusammenarbeit, das Lösen von Problemen und verfahrensorientiertes Denken zu fördern.“ (ibid.) Auch „Technologieskeptiker“ (ibid. 481) dürften hier ‚mitziehen‘ etwa beim „Social Reading“:

Im Rahmen von ‚inversity‘ … ist es z. B. möglich, Dokumente simultan zu lesen, kollaborativ aufzuarbeiten – indem etwa Studierende Markierungen vornehmen – oder einen Text, ein Bild oder ein Diagramm mit Kommentaren zu versehen … Digitale Lernmateriealien werden in Zukunft ganz selbstverständlich interaktiv und sozial sein. Adaptive Lehrmittel werden sich automatisch dem Kenntnisstand und den Interessen des Lernenden anpassen und eine echte Personalisierung der Lehre ermöglichen. (ibid. 481)

[Es] gilt daher die Tatsache zu nutzen, dass die von uns skizzierte Notwendigkeit, Universitäten intellektuell zu reformieren, in eine Zeit neuer technologischer Möglichkeiten fällt. Das Wort analog ist definiert als die fließende Darstellung von Werten. Im Gegensatz zu digitalen Signalen können analoge beliebige Zwischenwerte annehmen. Der Begriff scheint daher gut geeignet, die Wissensvorstellung der neuen Aufklärung zu beschreiben. Anstatt digitales Wissen mithilfe analoger Mittel zu lehren, sollten wir dazu übergehen, digitale Medien zu nutzen, um Studierenden eine Verständnis analogen, d. h. kontextualisierten Wissens zu vermitteln.“ (ibid. 487)

„Das Kulturgut Spiel ist weit mehr als seine aktuellen digitalen Ausformungen. Analog und digital sind keine Gegensätze, sondern nur unterschiedliche Formen dieses Kulturgutes.“ (Beiersdorf 2019: 24)

Ziel kann dabei nicht eine Mechanisierung des Lernens sein, sondern die Rehumanisierung der Lehre. Neue Formate sollten vor allem so ausgestaltet sein, dass sie einen Anreiz bilden, sich selbständig mit dem Stoff auseinanderzusetzen, sodass die eigentliche Lehre zukünftig vor allem in Form von Seminaren, Diskussionen in Arbeitsgruppen und Mentoring erfolgt.“ (Elkana & Klöpper 2012: 488)

– also nicht in Vorlesungsform, sondern, so setze ich fort: durch Verwendung von Lehr-Lern-Angeboten, wie sie Bertolt Brecht skizziert und praktiziert hat. Elkana und Küppers favorisieren einsichtig den „persönlichen Kontakt vor Ort als auch online. Der Informationserwerb kann dabei immer nur der Ausgangspunkt universitären Lernens sein.“ (ibid.)

Die Rolle eines Lehrers in solch spielbasierter Akademie wäre nicht eindeutig fixiert; denn „Each One Teach One“. Ich verwende hier die plastische Maxime vom EOTO e.V. Das

ist ein Community-basiertes Bildungs- und Empowerment-Projekt in Berlin. Im Jahr 2012 gegründet, eröffnete der Verein im März 2014 als Kiez-Bibliothek seine Türen und ist seither ein Ort des Lernens und der Begegnung. EOTO e.V. setzt sich gemeinsam mit anderen Organisationen für die Interessen Schwarzer, Afrikanischer und Afrodiasporischer Menschen in Deutschland und Europa ein.14

Es sollte gelten, dass die Rolle eines Lehrenden / einer Lehrenden

nicht mehr die eines Berichterstatters (sei), der den Studierenden einen Reisebericht aus Theorielands vorliest, sondern die eines Reiseleiters oder intellektuellen GPS, das den Studierenden ermöglicht, sowohl die akademische Landschaft ihrer Disziplin als auch die Welt an sich zu navigieren, beständig ermutigt, weitere Sehenswürdigkeiten zu erkunden. (Elkana & Klöpper 2012: 483)

Mein Gedankenexperiment mag – auch mit Umwegen – weitergehen. Und bedenken wir mit Bertolt Brecht: „Den Grad der uns möglichen Vervollkommnung haben wir erreicht, bevor wir fertig geworden sind.“ (GBA 21: 262)

Das von mir skizzierte ‚Pädagogium’ könnte diesen Namen tragen: „Akademie des Bertolt Brecht“ – übrigens: Die antike Platonische Akademie (ab 387 vor Christus) fand in einem Hain, einem Wäldchen, ähnlich einem Garten, statt. Und der Filmemacher, Kulturtheoretiker Alexander Kluge spricht von „Gärten der Kooperation“ (so der Titel seiner Ausstellung in Barcelona 2016 und 2017/8 in Stuttgart), die nötig sind, wenn wir Antworten finden wollen auf die Fragen „Wie kann ich leben? Was kann ich wissen? Was bringt die Zukunft?“ Ein Garten ist für Kluge ein Archipel, ein „begehbares Theater“.15

Bibliografie

Beiersdorf, Christian (2019): Kulturgut Spiel. Analoge Spiele tragen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. In: Zeitschrift des Deutschen Kulturats: Politik & Kultur 4, 24

Blättler, Christine & Porath, Erik (Hrsg.) (2012): Ränder der Enzyklopädie. Berlin: Merve

Bloch, Ernst (1970): Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt am Main: Suhrkamp

Born, Wolfgang & Otto, Gunter (Hrsg.) (1978): Didaktische Trends. München u. a.: Urban & Schwarzenberg

Brecht, Bertolt (1988-2000): Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe. Frankfurt am Main: Suhrkamp

Brunkhorst; Hauke (Hrsg.) (1998): Demokratischer Experimentalismus. Politik in der komplexen Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp

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