Liebe Scenario Leserinnen und Leser,
Unserer Rubrik Texte ums Theater, in der ein Auszug aus Michael Endes Klassiker Momo vorgestellt wird, folgen drei Artikel, in denen dramatische Texte aus früheren Jahrhunderten zum Bezugspunkt werden.
Wer Stücke mit Studierenden oder Schülern inszenieren möchte, muss sich oft mit der Grundfrage auseinander setzen, ob das
ausgewählte Stück in der Originalfassung gespielt werden kann oder eher adaptiert werden sollte, um zu erreichen, dass die
Aufführung ein Publikum von heute anspricht. In diesem Kontext dürften die Überlegungen von Fiona Dalziel, Anna Santucci und
Giampaolo Spedo (Universität Padua) von großem Interesse sein. Sie beleuchten in ihrem Beitrag Re-writing ‚The Duchess of Malfi’: Adapting Webster’s Tragedy for an ESL Drama Production, wie ein dramatischer Text, der 1614 uraufgeführt wurde und dessen Sprache für heutige Studierende eine beträchtliche Herausforderung
darstellt, von ESL-Lehrenden und -Studierenden gemeinsam adaptiert wurde.
Zum ersten Mal veröffentlichen wir einen Beitrag aus israelischer Perspektive: Wie Nathan der Weise nach Israel kam – Szenische Interpretation eines klassischen deutschen Dramas in einer multikulturellen
und multilinguistischen Lerngruppe. Brigitte Hahn-Michaelis (Technion – Israel Institute of Technology, Haifa) beschreibt ihren Versuch, durch dramapädagogische
Zugänge zu Lessings 1779 veröffentlichtem und 1783 uraufgeführtem ‘Toleranzdrama’ Nathan der Weise im DaF-Unterricht angehende Naturwissenschaftler und Ingenieure für deutsche klassische Literatur zu motivieren – an einer
Universität in just dem Land, in dem Lessing seinen Nathan beheimatete und wo bis heute religiöse und kulturelle Konflikte das alltägliche Leben immer wieder überschatten.
Stefanie Giebert (FH Reutlingen) stellt in ihrem Beitrag Shakespeare and Shareholders – A Business English Project ein innovatives Projekt vor, in dessen Verlauf Studierende wirtschaftswissenschaftlicher Fächer ein Interesse an Literatur
und Theater entwickeln und, umgekehrt, Sprachstudierende durch die Einstudierung und Aufführung eines speziell ausgewählten
bzw. adaptierten Theaterstücks (so wurde u.a. Macbeth zu Macbiz) einen Einblick in den Bereich ‚business’ bekommen. Der von Giebert vorgestellte Ansatz einer produktiven Verbindung von
Theaterarbeit und (Fach-)Sprachvermittlung wurde 2010 mit dem Europäischen Sprachsiegel ausgezeichnet.
Birgit Oelschläger (Goethe-Institut Berlin) berichtet in ihrem Beitrag Ein Schülertheaterprojekt der Partnerschulinitiativen in Mittelosteuropa über ihre Arbeit im Rahmen von Schülertheaterprojekten mit Partnerschulen des Goethe-Instituts in Mittelosteuropa (siehe
dazu die entsprechende Homepage: http://www.pasch-net.de/mit/pkt/the/moe/deindex.htm). Sie macht dabei deutlich, wie deutschsprachiges Schülertheater schon auf niedrigem Sprachniveau umgesetzt werden kann und
wie während der Inszenierungsarbeit die Fremdsprache Deutsch zum zentralen Mittel der Kommunikation und auch ästhetischer
Gestaltung wird.
In dieser Ausgabe beginnen wir mit dem Beitrag von Bara Dockalovas (Prag) Loops: A Multi-Purpose Drama Technique for the Language Classroom die neue Rubrik Window of Practice – Praxisfenster. Darin sollen künftig in kompakter Form konkrete Beispiele performativer Unterrichtspraxis vorgestellt werden. Entsprechende Vorschläge können jederzeit an die Redaktion gesendet werden. Wir möchten SCENARIO-Leser und -Leserinnen dazu ermutigen, die in dieser Rubrik beschriebenen Übungen bzw. Unterrichtsbausteine in ihren eigenen Lehrkontexten zu erproben und sich zwecks Erfahrungsaustausch direkt mit den jeweiligen Rubrik-Beitragenden in Verbindung zu setzen. Darüber hinaus führen wir die Rubrik Stimmen aus der Praxis – Practitioners’ voices ein; das erste SCENARIO-Gespräch wurde mit der Leiterin von Wortspiel-Berlin, Sigrid Unterstab, geführt.
In SCENARIO soll gelegentlich über die Entwicklung und den derzeitigen Stand der Drama- und Theaterpädagogik in verschiedenen Ländern berichtet werden. Den Auftakt macht Gerd Koch (Berlin) mit einem Überblick zur Theaterpädagogik in der Bundesrepublik Deutschland.
Danach folgen vier Rezensionen.
Manfred Schewe (University College Cork, Irland) bespricht Peter Lutzkers The Art of Foreign Language Teaching (Tübingen: Francke Verlag 2007).
Barbara Schmenk (University of Waterloo, Kanada) rezensiert den von Almut Küppers, Torben Schmidt und Maik Walter herausgegebenen Sammelband Inszenierungen im Fremdsprachenunterricht (Braunschweig: Diesterweg 2010).
Mary Noonan (University College Cork, Irland) berichtet über Joëlle Adens Theaterspielen als Chance in der interkulturellen Begegnung (Berlin: Schibri 2010).
Almut Küppers (Universität Frankfurt a.M., Germany / Istanbul, Türkei) stellt die große, internationale und von der EU geförderte Studie DICE – The DICE has been cast (Vol. 1) und Making a World of Difference (Vol. 2; Belgrade et al.: European Commission, the DICE Consortium 2010) zur Wirkungsweise drama- und theaterpädagogischer Arbeit im schulischen Unterricht vor.
Wir möchten abschließend darauf hinweisen, dass die SCENARIO-Ausgabe 2/2011 vom Gastherausgabeteam Almut Küppers und Maik Walter übernommen wird. Sie koordinieren auch die Arbeitsgruppe 11 Theatermethoden und Fremdsprachenforschung auf dem 14. Kongress für Fremdsprachendidaktik der DGFF in Hamburg (28. 9. – 1. 10. 2011).
Eine aktive Teilnahme an der Konferenz sei SCENARIO-Lesern und –Leserinnen empfohlen. Entsprechende Informationen können hier herunter geladen werden.
Und zu guter Letzt können wir freudig mitteilen, dass die SCENARIO-Webseiten ein neues Gesicht bekommen haben. Sie sind leserfreundlicher geworden; es wird ausgewiesen, um welchen Zeitschriften-Jahrgang es sich jeweils handelt und auf der Index-Seite werden die Beiträge mit Seitenangaben versehen. Wir möchten Allan Tong und Peter Flynn für diese Verbesserungen ausdrücklich danken.
Mit den besten Wünschen für einen erholsamen Sommer,
Susanne Even / Manfred Schewe