Vorwort

Jahrgang VIII, Ausgabe 2, 2014, doi:10.33178/scenario.8.2.0
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Liebe Leserinnen und Leser,

wir freuen uns, Ihnen mit dieser 16. Ausgabe die erste SCENARIO-Sonderausgabe präsentieren zu dürfen: Diese erscheint in inhaltlich erweitertem Gewande und steht im Zeichen der internationalen SCENARIO FORUM Konferenz Performatives Lehren, Lernen und Forschen, die vom 29. Mai bis zum 1. Juni 2014 am University College Cork in Irland durchgeführt wurde. Vorgestellt werden dreizehn ausgewählte Beiträge, die auf Vorträgen und Workshops dieser viertägigen Zusammenkunft basieren. Mit dem Ziel, unseren Leserinnen und Lesern einen gleichermaßen kontrast- wie inspirationsreichen Konferenzeinblick zu gewähren, war es dem Gastherausgeberteam ein besonderes Anliegen, ein Gleichgewicht zwischen theoriegeprägten Fachbeiträgen und umsetzungsnahen Praxisfenstern zu kreieren. Ein Film aus synästhetisch-performativer Perspektive rundet die Konferenzbeiträge ab. Ergänzt werden diese um einen abschließenden Konferenzbericht. Mit Freude stellen wir fest, dass im Rahmen dieser ersten Spezialedition Beiträge aus acht unterschiedlichen Herkunftsländern vereint werden konnten – ein Indiz für das stetig steigende Interesse sowohl an internationalem Wissens- und Erfahrungsaustausch als auch an konsequenter Professionalisierung im Bereich der performativen Fremd- und Zweitsprachenvermittlung.

Den Einstieg bildet Morgan Koerners (College of Charleston, South Carolina) Beitrag Beyond Drama: Postdramatic Theater in Upper Level, Performance-Oriented Foreign Language, Literature and Culture Courses, in dem sich der Verfasser mit spezifischen Ansätzen des postdramatischen Theaters in universitären Sprachlehrkontexten auseinandersetzt. Anhand der Beschreibung eines jüngst durchgeführten Aktionsforschungsprojektes mit amerikanischen Germanistikstudierenden wird aufgezeigt, welch spannungsvolles Potenzial ein dramaturgisch und ästhetisch entgrenzender Theaterbegriff im Hinblick auf sprach-, literatur- und kulturdidaktische Zieldimensionen zu entfalten vermag.

Interesse an solcherart Grenzüberschreitungen hegt auch Deborah Newton (Leeds Metropolitan University). Unter dem Titel Shifting Perspectives and Collapsing Binaries: Critical Performative Pedagogy in the Performance Studies Classroom beleuchtet die Autorin, in welchem Maße sich ein performativ akzentuiertes pädagogisches Grundverständnis als zuträglich erweist, traditionelle Demarkationslinien institutionalisierter Lehr- und Lernprozesse aufzulösen bzw. auf kreativ-interaktivem Wege zu reformulieren.

Hierauf folgen vertiefte Einblicke in den Bereich der non-, para- und extraverbalen Kommunikation – ein Handlungsfeld, das in vielen Klassen- und Seminarräumen noch immer eine Marginalexistenz fristet. Carola Surkamp (Georg-August-Universität Göttingen) zeigt in ihrem Artikel Non-Verbal Communication: Why We Need It in Foreign Language Teaching and How We Can Foster It with Drama Activities die Relevanz und Qualität nonverbaler Kommunikationsformen am Beispiel drama- und theaterorientierter Sprachlehraktivitäten auf.

Unter der Überschrift Interkulturelle Kompetenz als Herausforderung für das Lehramtsstudium diskutiert Annegret Thiem (Universität Paderborn) den Zusammenhang zwischen interkulturellem Handlungsvermögen, Fremdsprache und der Bedeutung des eigenen Körpers für angehende Fremdsprachenlehrkräfte. Angesichts eines drastischen Ungleichgewichtes zwischen theoretischen und ästhetisch-affektiven Studienbestandteilen in der gegenwärtigen Spanischlehrerausbildung, das einem nachhaltigen Auf- und Ausbau interkultureller Handlungskompetenzen zuwiderläuft, plädiert die Autorin dafür, dem Moment des Leiblich-Performativen in hochschulischen Curricula zukünftig erhöhte Relevanz beizumessen.

Abgerundet wird der erste Abschnitt dieser Edition mit einem Blick in die Tschechische Republik. Das digitale Reich multifunktionaler Smartphones und Tablet-Computer betretend, spürt Karel Zdarek (Univerzita Karlova, Prag) der Frage nach, welche Einsatzmöglichkeiten und Vorzüge webbasierte Anwendungssoftware im dramapädagogischen Fremdsprachenunterricht bieten kann. In seinem Beitrag Role-play Kitchen. A Web Application widmet sich der Verfasser seinen Erfahrungen mit dem Einsatz einer bestimmten Web Application und berichtet davon, wie deren Verwendung von Englischlernenden an einem Prager Gymnasium evaluiert wird.

Den zweiten Teil dieser Sonderausgabe bilden Beiträge, die anhand von konkreten Praxisbeispielen Mut machen sollen, im Fremdsprachenunterricht performativ zu arbeiten. Hierbei ist der Grundgedanke leitend, SCENARIO-Leserinnen und Lesern ein Spektrum an Tipps und Anregungen für die künstlerisch-ästhetische Gestaltung der eigenen Lehrpraxis zur Verfügung zu stellen.

Ein solch anwendungsfreundliches Konzept bieten gleich zu Beginn Bärbel Jogschies (Staatsschauspiel Hannover) und Anke Stöver-Blahak (Leibniz-Universität Hannover). In ihrem Beitrag Ein performatives Konzept im Fremdsprachenunterricht – In 14 Schritten zur eigenen Inszenierung präsentieren die beiden Autorinnen einen stringenten Arbeitsplan, dessen methodisch-didaktische Zielsetzung darin besteht, Studierende fremdsprachlicher Fächer im Rahmen eines Kooperationsmodelles zwischen Universität und Staatstheater auf die Inszenierung themenfeldspezifischer Theaterstücke vorzubereiten.

Ein weiteres – ebenfalls aufführungsgeprägtes – Seminarkonzept wird von Alexandra Hensel (Georg-August-Universität Göttingen) unter dem Titel Der künstlerisch-ästhetische Aspekt im dramapädagogischen Fremdsprachenlernen: Ein Kurskonzept vorgelegt. Hierin vermittelt die Verfasserin ein lebendiges Bild davon, auf welchem Wege Deutsch-als-Fremdsprache-Lernende im Verlauf eines einsemestrigen Arbeitsprozesses an spielpraktische, improvisatorische und letztlich inszenierungsgebundene Formen des Lehrens und Lernens herangeführt werden können.

Auch das österreichische Autorinnenduo Nina Kulovics (Université de Haute-Alsace, Mulhouse) und Kerstin Terler (Université Bordeaux Montaigne) berichtet von einem präsentativen Lehr-Lern-Projekt im Bereich der tertiären Fremdsprachenvermittlung. Ihr Beitrag Herzstück: Performatives Lehren und Lernen am Beispiel eines Gemeinschaftsprojekts im universitären DaF-Bereich oder frei nach Schiller: Von der performativen Erziehung des Menschen darf als inspirierender Erfahrungsbericht über die erfolgreiche Realisierung eines europaorientierten Performanceprojektes gelten.

Im Anschluss hieran lenkt Leticia García Brea (Universidad de León) die Aufmerksamkeit auf eine innerinstitutionelle Spiel- und Experimentierbühne am Sprachenzentrum einer spanischen Universität. Unter dem Motto Toi, Toi, Toi! Eine Theaterwerkstatt, um Deutsch zu lernen. Vorgehensweise und Beispiele werden sprachdidaktische Zieldimensionen ebenso wie ausgewählte Lern- und Unterrichtsbausteine dieses dramapädagogischen Kommunikationsateliers vorgestellt.

Stefanie Giebert (Hochschule Reutlingen) besinnt sich in ihrem Praxisbeitrag Shall I Approach thee through Improvised play?: Dramatizing Poetry der Wirkungskraft dramatischer Dichtkunst im Zielhorizont eines lerneraktivierenden Sprach- und Literaturunterrichts. So illustriert die Autorin am Beispiel von Sonetten Shakespeares, auf welche Weise inhaltliche, formale und kontextuelle Aspekte dieser spezifischen Gedichtform im englischsprachigen Klassenzimmer dramaturgisch verdichtet und situationsadäquat in Szene gesetzt werden können.

Abgerundet wird die Rubrik der SCENARIO-Praxisfenster durch den von Isobel Ní Riain (University College Cork) verfassten Beitrag Drama in the Language Lab – Goffman to the rescue. Unter der Zielperspektive einer interaktiven Seminargestaltung verknüpft die Autorin am Beispiel des hochschulischen Irischunterrichts imaginative mit artikulatorischen und computergestützten Inhaltsdimensionen.

Auf der Basis des in Eigenregie produzierten Filmbeitrages „Don’t Play the Visual, Play the Emotion!“ Fusing Drama Pedagogy and Film in the Teaching of Diplomatic Empathy bietet Nataliya Dzhyma (Kiev Taras Shevchenko National University) Betrachtenden zudem die reizvolle Möglichkeit, Assoziationsnetze um die Themenfelder Drama, Klang, Emotion, Empathie und Selbst- bzw. Fremdwahrnehmung zu spinnen.

Das Ende dieser Ausgabe bildet Silja Webers (Indiana University, Bloomington) Konferenzbericht Performing a Conference: SCENARIO Forum 2014.1

Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass alle wesentlichen Informationen und Hintergrundmaterialien – z. B. Filmdokumentationen, Fotostrecken und Teilnehmerfeedbacks – zur Ersten Internationalen SCENARIO Konferenz Performatives Lehren, Lernen und Forschen (Cork, 2014) im SCENARIO Archiv zur Verfügung stehen. Weitere Materialien, darunter die Beiträge der Keynote-Speaker, werden im Laufe des Jahres dazu kommen. Lesende, die sich auf der SCENARIO FORUM Verteilerliste befinden, werden rechtzeitig informiert werden.

Die Realisierung dieser ersten SCENARIO-Sonderausgabe wäre nicht möglich gewesen ohne die freundliche Unterstützung engagierter Mitwirkender. Besonderer Dank gebührt Manfred Schewe und Susanne Even für das in uns gesetzte Vertrauen sowie für die wertvolle Begleitung während des gesamten Editionsprozesses. Darüber hinaus danken wir den zahlreichen Gutachterinnen und Gutachtern des SCENARIO-Redaktionsbeirates für die vetrauensvolle Zusammenarbeit. Unser Dank gilt im Besonderen den dreizehn Autorinnen(teams) und Autoren(teams), deren reflexive Auseinandersetzungen und künstlerische Erfahrungen mit fremden Sprachen, Literaturen und Kulturen in unterschiedlichsten Lehr- und Lernkontexten letztlich den thematischen Facettenreichtum der vorliegenden Ausgabe verbürgen.

Ihre Gastherausgeber

Micha Fleiner und Stefan Kriechbaumer

Freiburg und Cork, Januar 2015

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