Die Gottfriedkinder

Autor/innen

  • Max Peter Ammann

DOI:

https://doi.org/10.33178/scenario.8.1.1

Abstract

In dieser Rubrik Texte ums Theater stellen wir historische und zeitgenössische, kulturübergreifende bzw. -spezifische, unvermutet schräge, ungewöhnlich spannende, verstörend mitreißende, faszinierend schillernde etc. Perspektiven aufs Theater vor. Kasernenmäßig knallten die Pultdeckel hoch zum Gruß, als Goldbrille Marc vorstellte. Der cisalpine Schulgeist hatte die jungen Südländer bereits im Griff. Dreimal sagte der Direktor in den drei oberen Klassen aufs Wort dasselbe und schloss suggestiv verpflichtend: "Ich weiß, keiner wird den neuen Lehrer enttäuschen." Mit einem Kloß im Hals stand Marc vor seinen ersten Schülern und brachte kein Wort heraus. Die Jungs und Mädchen taten ihm leid. Statt eines Raums mit großem Tisch, an dem Talent und Neigung sich öffnen, die Jahrgänge sich mischen, man sich gegenseitig hilft, nur eng gepferchte, am Boden festgeschraubte Eichenbänke, die beim Einsitzen zum Seitwärtsgehen zwingen. Alles war auf den Lehrer ausgerichtet, unmöglich, hier einen hierarchiefreien Raum zu schaffen. Marc zog den"Jena-Plan" von Peter Petersen1, wie er ihn 1927 dem Weltbund für Erneuerung und Erziehung in Locarno vorgelegt hatte, aus der Jacke, drückte ihn dem verwunderten Direktor in die Hand und bat um ein Gespräch mit ihm und den Kollegen. "Räumen wir wenigstens die Bänke weg", beschwor Marc nach erfolgloser Diskussion den Vertreter des Circolo Svizzero und ...

Veröffentlicht

2014-01-01

Ausgabe

Rubrik

Texte ums Theater